Liebe S. ,
Du hattest Dir aus aktuellem Anlass einen Beitrag zum Thema „Familienbett“ gewünscht. Ich weiß nicht, ob ich ihn hinkriege. Ich bin nämlich zu … uahhh … müde. ICH BIN SO MÜDE. Und zwar immer. Jeden Tag. Seit wie vielen Jahren jetzt? Lieber nicht nachrechnen! Eigentlich unterscheiden sich die Tage nur durch die Intensität der Müdigkeit. Montags bin ich zombimüde. Dienstags leicht benommen. Mittwochs bleiern-müde, Donnerstag ist ein einfaches sehr müde treffend usw. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich morgens zum letzten Mal so richtig munter war.
„Dir fehlt Zink“, meinte eine befreundete Mutter.
Nein. Mir fehlt mein Bett.
„Das kenne ich“, stimmte mir eine andere Mutter zu. „Ich konnte aber vor zwei Jahren drei ganze Nächte durchschlafen. Ich war nämlich im Krankenhaus, Verdacht auf Nierenentzündung, aber völlig schmerzfrei. Und das Beste: niemand kam mich besuchen, mein Mann musste mit den Kindern auf einen Bauernhof fahren. In den gebuchten und bezahlten Urlaub. Mit vier meiner Freundinnen und deren Kindern. Danach war er urlaubsreif und ich so richtig erholt!“
Das klang für mich wie ein schöner Traum.
Denn meine Nächte ähneln sich seit Jahren auf erschreckende Weise: Der frühe Abend ist schön und ruhig. Es wird gegessen, geplaudert, gespielt. So gaaanz langsam steigert sich das Tempo des Abends, bis er sich gegen 21 Uhr zum Crescendo, zum Trommelwirbelschrei erhebt:
„ichbinnichtmüdeimmermüssenallemachenwasduwillstderhatmichgeärgertmeinSchlafanzugistnassichhabeHungerichhabeAngst!“
Anschließend versuchen erst zwei Menschen, dann vier in einem 140×220-Meter-Bett Platz zu finden.
Dieses unerfreuliche Szenarium wird meistens durch ein vorsichtiges Ziehen an der Bettdecke und dem unangenehm-kalten Lufthauch an den Beinen eingeleitet und durch kräftige Tritte gegen den Kopf, in den Bauch, in die Niere oder die plötzliche Schwere auf dem Gesicht (ICH BRAUCHE LUFT) ergänzt, bzw. beendet.
Dann beginnt die Wanderung.
Zwei erwachsene Menschen tapern treppauf- treppab, auf der Suche nach Schlafplätzen. Ab und zu begegnet man sich im dunklen Flur, im Treppenhaus, nickt sich vielleicht kurz zu, wie höfliche Nachbarn, wie müde Soldaten, versucht Wörter zu formulieren, Sätze die dem Sinn nach ergeben sollten: „Nimmst Du das Sofa?“, es klingt aber so „niuaaaoa?“
Ist aber egal. Das Sofa will eh keiner. Da hat sich nämlich der gar nicht mehr so kleine Hundewelpe breit gemacht. Dann die Kinderbetten. Ich habe Hochbetten noch nie gemocht. Schläft ja doch keiner drin, auf den teuren Öko-Matratzen. Für einen erwachsenen Menschen sind Hochbetten ebenfalls nicht der richtige Ort. Man wird nämlich immer munterer. Es ist so weit oben. Und je munterer man wird, umso unzufriedener wird man. Das kann doch nicht wahr sein! Alle anderen Kinder schlafen doch auch in ihren Betten. Diese blöde Stillerei. Zwei Jahre pro Kind das war einfach zu viel. Das hat man jetzt davon usw.
Irgendwann liegen wieder alle vier im „FAMILIENBETT“. Gestapelt, zum Rechteck, zur Raute geformt, ganz unterschiedlich geometrisch angeordnet.
Heute morgen bin ich beispielsweise so aufgewacht: die Beine hingen zur Seite raus, der Körper war schlangenmenschengleich gobogen, mein Gesicht aber zeigte nach unten. Der Kopf war zwischen Schrank und Bett gequetscht. Durch das volle Gewicht meiner Tochter auf meinem Hinterkopf konnten sich lustige Formen auf meiner Stirn eingraben. Der Volksmund nennt es Falten.
Abgesehen von alldem finde ich theoretisch die Vorstellung von einem Familienbett super.
So, liebe S., sind damit alle deine Fragen beantwortet?
Müde Grüße,
Deine …
Bild: facebook.com/TheNaturalParentMagazine