Und nein, er spielt auch kein Instrument

Instrument

Molche zu fangen, ist halt kein richtiges Hobby…

MEINE LIEBE,

ich finde es bemerkenswert, dass es Dir gelungen ist, Deinen Sohn zum Kreativen Kindertanz zu bewegen.

Mein Sohn macht nichts.

Und JA,  ich finde es blöd, dass er nichts macht. Denn, wenn er irgendetwas machen würde, wenn er wenigstens in dieser Flötengruppe geblieben wäre oder beim Fußball oder beim Turnen oder in der Theatergruppe oder im Schwimmkurs oder beim NABU oder in der Comic-AG, oder, wenn er einfach irgendein anderes verdammtes Hobby hätte,  dann könnte ICH  mir diesen sich ständig wiederholenden Mütter-Dialog sparen:

„Wie? Dein Sohn macht nichts?“ (Ungläubiges Stirnrunzeln.)
„Nichts!“
„Kein Sport?“ (Fassungslosigkeit.)
„Nein.“
„Ja, spielt er  denn auch kein Instrument?“ (Trauriger Blick auf das Kind.)
„Auch nicht.“
„Ach…, ja… das ist ja schade, wenn das Kind so gar keine INTERESSEN hat. “ (Kopfschütteln, gepaart mit Vielleicht-sollte-man-das-Jugendamt-anrufen-Blick.)

Ich könnte jetzt zu Erklärungen ansetzen.

Ich könnte sagen, dass er gerne in der Altstadtkneipe mit älteren Herren Schach spielt.
Ich könnte berichten, dass er gerne stundenlang am Fluss steht und mit wildfremden Anglern über Fische und Köder fachsimpelt.
Ich könnte erzählen, dass er gerne tagelang mit Begeisterung alte Elektrogeräte auseinander schraubt, weil er neue Maschinen erfinden will und wahnsinnig gerne einen Lötkolben hätte.

Aber ich weiß genau, dass DAS nicht die INTERESSEN sind, von denen andere Mütter reden. Also schweige ich.

Und dann kommt sie, die schlimmste aller Fragen:

„Ja, und was MACHT er denn dann so den ganzen Tag?“

JA WAS SOLL ER DENN SCHON MACHEN?

Möchte ich sie anschreien, all diese Mütter, deren Kinder schon wieder bei Jugend musiziert mitmachen, oder jetzt gerade zu Hoffenheim wechseln, deren Kunstschul-Bilder gerade wieder in der Sparkasse ausgestellt werden und die am Sonntag erst wieder ein Tennisturnier hatten.
(Hach, das macht den Jungs immer sooo viel Spaß! Die wollen einfach gewinnen, aber da muss man natürlich auch was für tun!)

JA WAS SOLL ER DENN SCHON MACHEN?

Er geht zur Schule, dann macht er Hausaufgaben und dann macht er das, was Jungs  eben gerne machen: Legospielen, Comiclesen, Kassettehören, Star-Wars-Männchen malen, Stöcke schnitzen,  in den Wald gehen, Molche fangen und sein Taschengeld für Kaugummikugeln ausgeben.

Und wenn er damit fertig ist, dann hat er immer noch Zeit, weil ich es leider nicht zulassen kann, dass ein Achtjähriger mittags in eine Altstadtkneipe zum Schachspielen radelt und weil man auch erst mit zehn einen Angelschein machen darf.

Und dann macht er mit Hilfe einer Lupe Feuer auf dem Balkon. Aber nur, wenn ich gerade kurz nicht da bin.
Oder er gräbt die Pflastersteine auf der Straße aus dem Boden, weil er sie anderweitig benutzen will, um eine Burg zu bauen.
Oder er kriecht in die Papiermülltonne der Nachbarn und bringt seine Schätze mit nach Hause. (Mama, warum hat die Frau auf dem Heft da nix an?)
Oder er schminkt seine Schwester als Vampir, sieht super aus, war leider Filzstift.
Oder er verkauft meinen Schmuck auf der Straße. (Ich dachte, Du hast die Kette doch eh nie um…)

Dafür haben all die Kinder, die dreimal pro Woche zum Fußball gehen, dazwischen Bratsche üben und Chinesisch lernen natürlich überhaupt keine Zeit.

Und darum beneide ich sie.

Nicht die die Kinder.

Aber die Mütter!

BRIGITTE MOM BLOGS

14. April 2014

1 Kommentar

The SwissMiss

Bravo gut geschrieben. Nur weil ich neben Familie und Beruf nicht noch im Verein bin und keine Musikstunden nehme heisst das ja auch nicht dass ich keine Interessen habe – bei Kindern nimmt man das einfach so an.

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