Die Corona-Krise krempelt den Alltag in jeder Hinsicht ganz schön um – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Paulina und ihre Familie sind da keine Ausnahme. Plötzlich sind alle vier zu Hause. In den Kindergarten, auf den Spielplatz oder zu den Großeltern darf man aber nicht. Wie soll man das als Fünfjährige nur verstehen? „Besser als gedacht“, sagt Tina, als wir per Videoanruf telefonieren. Sie steht im Badezimmer, ich an der Spülmaschine. Und zwischendurch hüpfen Paulina und Luisa durch das Bild. So funktioniert also die Kommunikation während dieser Krise.
Ich: „Sag mal, wie hat euch diese Krise getroffen und wie verbringt ihr die Zeit?“
Tina: „Das kam für uns wie für alle anderen auch natürlich schnell daher. Aber wir haben es bisher gut managen können, Arbeits- und Familienzeiten miteinander zu vereinbaren. Wir verbringen viel Zeit im Garten (Gott sei Dank ist das Wetter gut) und wir basteln viel. Unter anderem haben Luisa und Paulina auch eine große „40“ aus Pappe zu Markus‘ Geburtstag gebastelt. Und das Fernsehgucken ist auch erlaubt – aber nur, wenn der Fernseher auch ohne Zickereien wieder ausgemacht wird.“
Durch die Corona-Krise rücken Familien sprichwörtlich zusammen. Das kann auch schon mal die Nerven strapazieren und Streit fördern – und das vor allem auch unter Geschwistern.
Tina: „Die Situation hat Auswirkungen in beide Richtungen. Paulina und Luisa streiten in den vergangenen Wochen schon häufiger, aber auch deshalb, weil sie extrem aufeinanderhängen. Da gehen sie sich schon mal auf die Nerven. Aber sie haben sich auf der anderen Seite gegenseitig noch mehr als Spielpartner gefunden, wie sie es sowieso vorher auch schon waren. Aber in schönen Momenten, wenn ich sie dabei beobachte, wie sie miteinander spielen und umgehen, da bin ich schon stolz auf meine Mädels. Dass sie sich haben, ist einfach wunderschön zu sehen.“
Ich: „Aber wie genau gestaltet ihr euren Tag? Von Bürozeiten muss man sich ja verabschieden.“
Luisa (krabbelt auf Mamas Arm): „Wo ist Papa?“
Tina: „Markus zieht sich zum Arbeiten ins Büro im ersten Stock zurück. Wenn er eine Pause macht, erledige ich meine Aufgaben, den auch als Grundschullehrerin in der Krise bleibt man aktiv. Ich nutze aber auch jede Gelegenheit, die sich anbietet, um zu arbeiten. Zum Beispiel auch dann, während die Kinder gemeinsam neben mir spielen. Es ist erstaunlich, aber bisher klappt das gut.“
Ich: Aber klappt das auch noch nach ein paar Wochen?
Luisa (krabbelt wieder herunter und sucht Papa): „Paaaaaaaaapaaaa.“
Tina: „Mittlerweile geht das ja seit über vier Wochen so und es läuft nach wie vor noch gut. Auch wir Erwachsenen haben uns noch nicht in die Haare gekriegt. Wir müssen halt einfach alle an einem Strang ziehen und gemeinsam da durch. Ich glaube, das schweißt uns als Familie auch zusammen.“
Markus (der „Feierabend“ hat und ebenso meine Fragen via Telefon beantwortet): „Homeoffice und Kinder, das ist schon anstrengend, weil man versucht, allen gerecht zu werden. Man muss umdenken, denn schon allein die Tagesstruktur hat sich verändert. Es ist zwar schön, gemeinsam mit der Familie zu Mittag essen zu können oder die Kids nicht am frühen Morgen in die Kita bringen zu müssen. Die Mädels genießen die gemeinsame Zeit mit uns auch sichtlich. Aber wenn ich beispielsweise ein wichtiges Telefonat führen muss und man Kindergeschrei im Hintergrund hört, wird man ein bisschen nervös. Andererseits ist es bei den anderen – bei Kollegen wie bei Kunden – eben auch nicht anders. Dementsprechend ist die Situation irgendwie normal geworden, auch wenn sie eine Ausnahmesituation bleibt.“
Papa Markus schaut nach seinen Mädels, die irgendwo zwischen Garten und Wohnzimmer spielen.
Ich: „Und wie schaffst ihr es, positiv zu bleiben?“
Tina: „Wir versuchen, das alles nach wie vor positiv zu sehen. Natürlich schaue ich auch die Nachrichten, aber ich versuche, mich von negativen Gedanken fernzuhalten. Ich habe Respekt vor dem Virus, möchte mich aber nicht davon verrückt machen lassen. Ich will gar nicht davor wegrennen, aber ich muss als Mutter, Partnerin und für mich selbst funktionieren. Deshalb habe ich für mich entschlossen, diese Zeit für meine Familie zu nutzen, viel mit den Kindern zu machen und die Zeit auch ein Stück weit zu genießen, sofern das möglich ist.“
Ich: „Bei 24 Stunden am Tag auf mehrere Wochen gemeinsam unter einem Dach: Bleiben da auch Freiräume für dich und Markus?
Tina: „Markus und mir ist es gerade jetzt wichtig, dass wir uns gegenseitig Freiräume schaffen. Ich kann jeden zweiten Tag joggen gehen, während Pauli mich auf dem Fahrrad begleitet, und er kann sich in Ruhe zum Arbeiten zurückziehen. Außerdem nutzt er auch Pausen, um mit seiner Mutter eine Runde spazieren zu gehen.“
Ich: „Ich kam mir vorstellen, dass es Paulina und Luisa genießen, dass ihr in den vergangenen Wochen immer zusammen seid. Aber stellen Pauli und Luisa Fragen und was antwortest du ihnen?“
Tina: „Sie stellen eigentlich keine Fragen mehr. Vor allem weiß Pauli, was gerade los ist. Sie weiß über kleine Filme, die Kindern altersgerecht Corona erklären, dass das Virus über Niesen übertragen werden kann und dass man Abstand zu anderen halten soll. Sieht sie jemanden auf der Straße, der wenig Abstand hält, dann macht sie mich darauf aufmerksam. Ihr fällt das dann auf. Auch Luisa weiß, dass man derzeit nicht auf den Spielplatz darf.“
Ich: „Und vermissen die beiden den Kindergarten?“
Tina: „Ja, schon. Aber sie haben einen Brief vom Kindergarten bekommen, der an sie adressiert war. Da steht eben drin, dass es ganz wichtig ist, dass alle zu Hause bleiben.“
Paulina (kommt näher und klettert auf Mamas Schoß): „Mama, wo ist Luisa?“
Sie entdeckt die Kamera, kneift die Augen zusammen und lächelt. Und dann kann ich sie sehen: Eine Zahnlücke so groß wie ein Zwei-Euro-Stück. Und sie ist mächtig stolz darauf, schließlich kommt sie im September in die Schule und im nächsten Monat wird sie schon sechs Jahre alt. Noch Fragen? 😉
Tina (zu Paulina): „Sag mal, was weißt du über Corona?“
Paulina: „Hm, das sind kleine Tierchen, die man nicht sehen kann.“
Ich: „Hi Pauli. Wie findest du die Zeit gerade zu Hause?“
Paulina: „Gut. Ich genieße es zu Hause. Wir gehen spazieren, joggen, wir basteln, spielen im Garten.“ (Sie macht sich wieder auf die Suche nach ihrer kleinen Schwester).
Ich: „Und weiß auch Luisa das mit den ,Tierchen‘?“
Tina: „Sie versteht, dass etwas anders ist als sonst. Sie sagt immer: ,Wenn Corona rum ist, darf die Oma uns wieder knutschen‘.“
Eine Antwort, die mich rührt, weil sie so echt ist.
Ein Fünkchen Hoffnung hat die Familie, dass der Urlaub im Sommer nicht gestrichen werden muss. „Aber selbst, wenn: Es gibt viel Wichtigeres. Die Gesundheit geht vor“, sagt Tina. Wir legen auf und ich habe mich gefreut, alle auf dem Bildschirm zu sehen. Schöner wird es aber, wenn wir uns wieder ganz echt gegenüberstehen, die Füße ins Planschbecken strecken und gemeinsame Geschichten erleben. Und wenn die Omas wieder ihre Enkelkinder abknutschen dürfen. Ich freu mich drauf!
Von Ann-Kathrin Weber
Über die Autorin:
Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.