Von Ann-Kathrin Weber
Folge X: Was bist du groß geworden!
„Wie geht’s euch?“
Drei Tage habe ich von Tina nichts mehr gehört … jetzt schicke ich eine Sms.
„Ganz ok. Wir kämpfen uns von Nacht zu Nacht“, antwortet sie.
Die größte Veränderung seit Paulinas Geburt ist für Tina und Markus der Schlafrhythmus. Paulina ist tagsüber zwar das „liebst Kind der Welt“ und ganz entspannt, in der Nacht hält sie von Schlafen allerdings nicht so viel. Die Nacht wird also zum Tag gemacht – das sieht man auch an den Uhrzeiten, an denen Tina zum letzten Mal online war: 2.15, 4.27, 5.03 …
„Dass Paulina nachts schlecht schläft, liegt wohl daran, dass sie ein Trauma von der Geburt hat. Das hat uns die Hebamme erklärt“, sagt mir Tina. „Wahrscheinlich wurde sie schlafend auf die Welt geholt und jetzt hat sie Angst, wenn es dunkel wird. Deshalb müssen wir nachts die Lampen anlassen. Dann geht es einigermaßen.“ Paulina muss ihren Schlafrhythmus erst noch finden. Manchmal schläft sie länger am Stück, manchmal sind es nur 20 Minuten. „Wir versuchen, herauszufinden, woran das liegt.“ Auch Bauchschmerzen können ein Grund sein. „Nach dem letzten Stillen schläft sie ein, wacht aber nach einer halben Stunde wegen Bauchschmerzen wieder auf. Dann bekommt sie homöopathische Tropfen gegen Blähungen bei Säuglingen. Wenn das im Griff ist, bekommt sie Schluckauf, den sie vorher am Tag schon mindestens zehn Mal hatte; dann ist die Windel voll. Ist sie gewechselt, ist wieder Zeit zum Stillen … So geht das die ganze Nacht“, skizziert mir Tina die vergangene Nacht, die mir erklärt, warum ihre und Markus’ Augen von Besuch zu Besuch kleiner und müder werden. Kaum sind Mama und Papa für einen kurzen Moment eingeschlafen, weckt sie ein leiser Hickser, und Paulina gibt im wahrsten Sinne des Wortes den Ton an.
Den Rat, dann zu schlafen, wenn Paulina schläft, hat Tina zu Beginn ihrer Schwangerschaft von Arbeitskolleginnen bekommen. Das hat noch nicht geklappt. Jeden Tag bekommt die junge Familie mindestens einen Gast, der Paulina sehen und den Eltern gratulieren möchte. „Das ist schön, darüber freuen wir uns sehr. Aber zum Schlafen komme ich so nicht und ansonsten erledige ich das, was liegen bleibt.“
Als ich die kleine Familie besuche, sehe ich Paulina zum ersten Mal mit offenen Augen. Große, blaue Kulleraugen gucken in der Gegend herum und nehmen ihre Umgebung unter die Lupe. Und dann bilde ich mir ein, dass sie mich anschaut und die Hand hebt. „Das kann man ja schon fast als ein Winken deuten“, sagt Tina. Ob sie wohl ahnt, dass es gerade um sie geht, frage ich mich. Als ich Paulina im Krankenhaus zum ersten Mal gesehen habe, war sie noch deutlich kleiner. Jetzt kann man ihr beim Wachsen schon fast zuschauen. Und dann sage ich das, was ich mir eigentlich geschworen hatte, nie zu tun: „Was bist du groß geworden.“ Jetzt kann ich verstehen, warum Leute so etwas sagen und am besten noch in die Wangen kneifen. „Das ist sie wirklich“, sagt Tina, die sehr stolz ist, dass Paulina stetig zunimmt.
Tina liegt neben mir auf dem Sofa und es ist ein ungewohntes Bild. Ich schaue nach links und auf einmal ist da kein Bauch mehr, auf dem man fast eine Kaffeetasse hat abstellen können. So drängt sich mir eine Frage auf: „Fehlt dir eigentlich der Bauch?“
Tina: „Sagen wir es so: Ich kann es mir nicht mehr vorstellen, keinen Bauch zu haben. Es fehlt mir zwar nicht, aber ich hatte mich schon irgendwie daran gewöhnt. Zum Beispiel beim Schuhe anziehen, bin ich schon auf dem Weg, den Schuhlöffel zu holen, und merke dann, dass ich ihn ja gar nicht mehr brauche, weil kein Bauch im Weg ist“, sagt sie mir, während Markus die schlafende Paulina auf seiner Brust liegen hat und dabei ist, einzuschlafen.
Knappe drei Wochen ist Paulina inzwischen alt: Alles macht sie zum ersten Mal und ihre Eltern gleich mit. Die erste Nacht zu Hause war für Tina und Markus zwar anstrengend, weil Paulina alle ein bis zwei Stunden wach war, aber Tina war glücklich, denn „ich war erleichtert, dass ich Markus hier hatte und nicht wie im Krankenhaus auf mich allein gestellt war und durch die Operation nicht für sie da sein konnte.“ Als Willkommensgeschenk hat Markus für Tina ein Rumpsteak gebraten, das sie während ihrer Schwangerschaft nicht essen – und am nächsten Morgen gab es das Frühstück im Bett, bevor die Familie zu Besuch kam.
Knapp eine Woche nach Paulinas Geburt stand der erste Besuch bei Oma und Opa an. „Das war für uns schön, weil wir mit Paulina zum ersten Mal das Haus verlassen haben.“
Vor ein paar Tagen ging es für Paulina im Beisein der Hebamme dann zum ersten Mal in die Badewanne. „Am Anfang hat sie sich ein bisschen beschwert, aber dann fand sie es toll. Da Markus nicht dabei sein konnte, habe ich ihm gezeigt, wie er sie richtig halten muss.“
Die erste Nacht ohne Hilfe von Papa Markus, da er wieder arbeiten muss, haben Tina und Paulina auch schon gemeistert.: „Es ist hart, aber nicht schlimm. Dafür bin ich froh, wenn Markus abends nach Hause kommt und ich sie ihm einfach mal abgeben kann. Er freut sich dann auch sie zu sehen“, sagt Tina und Markus nickt müde, aber lächelnd.
Das erste Mal in den Genuss eines Schnullers kam Paulina auch schon. „Schon im Bauch hat man gesehen, dass sie den Daumen genommen hat. Keine zwei Wochen auf der Welt, nahm sie ihn wieder oder manchmal auch die ganze Hand. Da haben wir beschlossen, ihr den Schnuller zu geben, der sie auch nachts beruhigt, wenn sie wieder einmal Bauchweh hat“, sagt Tina, während Paulina ihren Schnuller mit einer Hand fest an den Mund drückt, damit er auch ja nicht rausfällt.
Zwar ist Paulina erst knappe drei Wochen alt, doch zeigen sich jetzt schon verschiedene Eigenschaften. „Sie macht unglaublich viele Grimassen. Die Hebamme im Krankenhaus meinte, dass sie noch nie ein Kind gesehen hat, das schon am ersten Tag so viele Grimassen schneidet“, sagt Tina und Paulina zeigt, was sie kann – von müde, über wütend, fragend und nachdenklich bis lachend und ein zufriedenes Schmatzen ist alles dabei. Wenn Paulina dann einmal das alles aussprechen kann, was sie denkt, wird es bestimmt nicht langweilig, denke ich mir. „Außerdem scheint sie sehr intensiv zu träumen und macht dabei Geräusche, dass man sich wünscht, zu wissen, was sich gerade in ihrem kleinen Köpfchen abspielt“, sagt Tina. Als ich Paulina das erste Mal im Arm hielt, scheint sie gerade einen imaginären Boxkampf ausgetragen zu haben, denn die kleinen Fäuste ballten sich und testeten ihre Reichweite. Mit einem leisen „Puh“ scheint sie den Kampf dann aber glücklich für sich ausgetragen zu haben.
Trotz des großen Glücks, das Tina und Markus gerade erleben, haben sie auch die Erfahrung machen müssen, dass Freude und Leid nah beieinander liegen. Die erste Zeit als kleine Familie genießen alle, doch einer fehlt: Der Kater Kingkong hat sich von seinen Unfall nicht erholen können und musste eingeschläfert werden. „Damit haben wir schon ganz schön zu kämpfen, aber zum Glück haben wir ja jetzt die Kleine, die uns jeden Tag glücklich macht“, sagt Tina.
Seit 25 Jahren kenne ich Tina jetzt. Im Kindergarten fing es an und unsere Mütter sind mit unseren Kinderwagen durch die Stadt gefahren. Wir haben vieles gemeinsam erlebt, gelacht, geweint, uns aus den Augen verloren und wiedergefunden. Vor neun Monaten ging für Tina eine neue Reise los, auf die sie mich mitgenommen hat. Momentaufnahmen ihrer Schwangerschaft wurden festgehalten und bleiben so in Erinnerung. Nicht nur für sie, sondern auch für Paulina. Und ich freue mich jetzt schon auf den Tag, an dem Paulina das hier zum ersten Mal lesen wird und begreift, dass es um sie geht.
Was ich Paulina wünsche? Auch einmal eine Freundin zu haben, die sie seit Kindertagen kennt.
Was ich von den vergangenen neun Monaten mitnehme? Es klingt zwar kitschig und mir fällt auch kein anderer Begriff ein, der besser beschreiben könnte, was da passiert ist – aber es ist ein wahres Wunder, wenn auf einmal ein neuer, kleiner Mensch dazukommt.
Was von dieser Schwangerschaft übrig bleibt? Ein Haufen an Erinnerungen und die Lust nach Eiscreme – sowohl bei Tina, als auch bei mir.
Das war (erst mal) die letzte Folge unseres Babytagebuchs! Vielleicht dürfen wir ab und zu nochmal bei Paulina vorbeischauen und von ihrem Größerwerden hier erzählen …
Mal sehen.
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Was bisher geschah:
Folge IX: 2600 Gramm pures Glück!
Paulina ist da!
Und das früher als erwartet … „Als ich zur letzten Routineuntersuchung gegangen bin, hätte ich nicht gedacht, dass ich bereits eine Stunde später im Krankenhaus liegen würde!“, erzählt Tina. Aber: Noch am selben Tag wurde sie ins Krankenhaus eingewiesen und die Geburt wurde eingeleitet. Dann ging es los, zwei Tage lag sie in den Wehen. „Ich hätte nie gedacht, dass Wehen so schlimm sein können. Mein ganzer Körper tat mir weh“, sagt sie. Letztendlich musste Paulina dann doch durch einen Not-Kaiserschnitt geholt werden. „Ich habe mich gefühlt wie in einer Krankenhaus-Serie: Die Schwestern und Ärzte rannten mit meinem Bett den Flur entlang in Richtung OP und ich habe nur die vorbeiziehenden Deckenleuchten gesehen.“
Ich: „Hattest du Angst?“
Tina: „Das ging alles so schnell, ich hatte gar keine Zeit, groß nachzudenken, was jetzt auf mich zukommt. Außerdem war ich durch die Schmerzen schon so außer Gefecht gesetzt, dass ich gar nicht richtig mitbekommen habe, was um mich herum passiert.“
„Man bekommt es schon kurz mit der Angst zu tun, wenn alles hektisch wird und alle anfangen zu rennen“, sagt Markus, der bei der Geburt dabei war. Er ist es, der seine Tochter am Donnerstag, den 15. Mai, um 0.13 Uhr als erster in Empfang nimmt. „Es war unglaublich“, erzählt er, während er Paulina dabei zuschaut, wie sie im Schlaf Grimassen schneidet.
Während Tina das alles erzählt, scheint Paulina sich auf dem Bauch ihrer Mama pudelwohl zu fühlen. Sie schläft viel, denn so eine Geburt geht auch an einem Säugling nicht einfach spurlos vorüber. Ganz im Gegenteil, denn auf einmal ist es hell, kalt und komische Leute mit komischen grünen Anzügen drücken und rubbeln, kitzeln an den Fußzehen und sprechen in komischen Lauten, die kein Mensch versteht.
Als ich Tina zum ersten Mal mit ihrem Kind auf dem Arm sehe, verschlägt es mir im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache. Ich bekomme keinen Ton heraus. Paulinas Geschichte ist bis hier her unglaublich. Es ist die Geschichte eines Wunschkindes, wie es sie tausendfach gibt, aber jede Veränderung, jeder Tritt und jeder neue Zentimeter, der dazu kam, wurde festgehalten. Das erste Ultraschallbild, die ersten gekauften Schuhe, das Kinderzimmer – und dann ist da plötzlich dieser Moment, in dem ich das kleine Wesen sehe, das auf einem der ersten Ultraschallbilder wie ein Gummibärchen aussah und von dem hier seit mittlerweile zehn Wochen die Rede ist. Wie ein kleines Paket mit einer Länge von 49 cm und dem Gewicht von 2600 Gramm, auf das man neun Monate lang sehnsüchtig gewartet hat, ist es auf einmal da. Jetzt schlummert ein kleines Mädchen mit rosafarbigen Wangen und ganz vielen dunklen Haaren, die in alle Richtungen abstehen, auf Tinas Arm. Kaum einen Tag auf der Welt, hat Paulina daher von den Hebammen schon ihren ersten Spitznamen bekommen: Monchichi.
Ich: „Was war es für ein Gefühl, als du Paulina zum ersten Mal gesehen hast?“
Tina: „Es war unbeschreiblich, aber es hat einige Stunden gedauert, bis ich es realisieren konnte, weil ich durch die Teilnarkose und die Stunden vor der Geburt noch so geschwächt war. Durch die Narbe konnte ich sie in den ersten Stunden noch nicht halten, weil ich so große Schmerzen hatte und in der Bewegung eingeschränkt war. Deshalb hatte Markus in den ersten Stunden seine Tochter auf der nackten Brust. Als ich sie dann im Arm hielt, habe ich sie vor meinen Bauch gehalten, um zu sehen, wie sie ungefähr in meinem Bauch gelegen haben muss. Es ist unglaublich, die kleinen Füße in meinen Händen zu halten, die mich zuvor immer geärgert haben.“
Paulina streckt und rekelt sich und liegt am liebsten ganz weit ausgestreckt auf ihrer Mama. Kein Wunder, war es doch in den letzten Monaten ziemlich eng.
Die ersten Tage im Krankenhaus haben sie gut überstanden. Aber zu Hause fühlt man sich doch am wohlsten und beide – Tina und Paulina – können sich so am leichtesten an die neue Situation gewöhnen.
Ich: „Fühlst du dich denn jetzt als Mama?“
Tina: „Es ist immer noch sehr unwirklich für mich, weil es jetzt doch sehr schnell ging. In den ersten Nächten haben Markus und ich kein Auge zugetan, weil wir immer darauf geachtet haben, ob Paulina noch atmet und sich auch ja nicht verschluckt.“
Ich: „Konntest du dich jetzt schon ein bisschen an die Situation gewöhnen?“
Tina: „Ja, vor allem weil Markus und ich, seitdem wir aus dem Krankenhaus zurück sind, uns nachts in Teamarbeit um Paulina kümmern können. Dann regeln wir ganz klar, wer sich um sie kümmert, wenn sie aufwacht: nämlich der, der auf der Seite schläft, an dem dann das Bettchen steht. Dann kann der andere versuchen, wenigstens ein paar Stunden zu schlafen. Und bis jetzt klappt das ganz gut.“
Knapp eineinhalb Wochen ist Paulina jetzt alt und hat ihre Eltern schon ordentlich im Griff. Ihr Hunger bestimmt den Schlafrhythmus, ihre Schlafenszeiten die restlichen Aufgaben des Alltags, die es zu erledigen gilt. Auch den ersten sonntäglichen Spaziergang hat die kleine Familie schon hinter sich – mit dem Kinderwagen, der die ganze Zeit nur darauf gewartet hat, endlich benutzt zu werden. Alles andere wird sich in der nächsten Zeit einpendeln, denn auf einen Schlag ist aus einem Ehepaar eine kleine Familie geworden.
Ich: „Konntest du jetzt schon Sachen an Paulina entdecken, die sie schon im Bauch gemacht hat? Wie sieht es zum Beispiel mit Vivaldi aus?“
Tina: „Nachts ist sie zum Glück nicht so aktiv wie noch vor ein paar Wochen in meinem Bauch. Vivaldi mag sie nicht so sehr, aber dafür das Lied ihrer Spieluhr, die schon früh auf meinem Bauch lag.“
Ich: „Ich weiß, sie ist noch sehr klein, und Babys verändern sich ja fast täglich, aber siehst du schon eine Ähnlichkeit?“
Tina: „Alle sagen, dass sie Markus sehr ähnlich sieht. Wenn man sich seine Babybilder ansieht, dann kann man die Ähnlichkeit wirklich nicht abstreiten. Aber die Löckchen hat sie von mir. Mal sehen, wie sie aussehen wird, wenn sie größer wird. Aber vielleicht kommt ja der Sohn, den wir uns auch noch wünschen, dann nach mir“, sagt sie mit einem Zwinkern, um sich dann wieder ihrer Tochter zu widmen, an der sie sich nicht satt sehen kann. „Ich könnte sie stundenlang anschauen.“
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Was bisher geschah:
Folge VIII: „Meine Zehen habe ich schon lange nicht mehr gesehen!“
Tina ist hochschwanger. Der Bauch wird immer größer und hat sich vor kurzem gesenkt. Jetzt kann sie wieder besser atmen und auch mehr essen, „weil Paulina nicht mehr auf den Magen drückt“, sagt Tina. Auch die ersten Vorwehen sind jetzt zu spüren. „Teilweise wache ich nachts von den Schmerzen auf und frage mich, wo das noch hinführen soll …. und dabei sind das nur die Vorwehen“, sagt sie mir. Die Tage werden beschwerlicher. Ein Beispiel? Hier ist ein Tagesablauf im Leben einer Hochschwangeren oder anders gesagt: 24 Stunden, ein großer Bauch und die kleinen Hürden des Alltags.
23.30: Tina macht sich bettfertig. Sie ist hundemüde, weil der Tag anstrengend war, und geht vorsichtshalber noch einmal auf die Toilette, bevor sie sich hinlegt, damit sie nicht so oft in der Nacht aufstehen muss. Sie schaut das letzte Mal auf die Uhr.
00.30: Tina steht auf und geht das erste Mal in dieser Nacht auf die Toilette.
01.45: Tina wacht auf und ist auf mysteriöse Weise hellwach. Einschlafen kann sie nicht mehr. Zum Glück kann eine Freundin, die gerade ihr Baby stillt, auch nicht schlafen. So wird der Plausch per Telefon kurzerhand in die Nacht verlegt. Zwischendurch schaut Tina nach ihrer kranken Katze oder räumt das Badezimmer auf. Falls Paulina auch mal wieder nicht schlafen kann, wird sie durch das Hin- und Herlaufen wieder in den Schlaf geschaukelt.
04.20: Während Tinas Freundin samt Baby wieder eingeschlafen ist, wälzt Tina sich –noch ohne Baby – herum und schaut ein weiteres letztes Mal auf die Uhr. Schlafen kann sie nicht. „Verrückte Welt“, denkt sie sich.
06.30: Markus‘ Wecker klingelt – das trifft sich gut, denn Tina muss schon wieder ins Badezimmer. Da sie kaum geschlafen hat, legt sie sich nochmal aufs Ohr, denn morgens klappt das mit dem Schlafen irgendwie besser als nachts. Sie stellt sich den Wecker auf 9.30 Uhr, denn sie will den Tag ja nicht verschlafen, sonst wird die folgende Nacht ja auch nicht besser.
09.30: Tinas Wecker klingelt. Nach gefühlten zwei Stunden Schlaf steht sie auf und ist wie gerädert. Und müde noch dazu.
10.00: Sie beginnt die Wohnung aufzuräumen (wenn sie es nicht schon nachts gemacht hat) und muss sich nach dem Staubsaugen erst einmal hinsetzen. Diesen Part übernimmt jetzt schon öfter Markus, weil diese Bewegung und die gebückte Haltung einfacher auszuhalten waren, als sie noch keinen Bauch hatte, in dem sich ein fast 50 cm großes Kind befand.
10.30: Der tägliche Blick in den Kleiderschrank. Tina zieht sich an. Ihre Schwangerschaftsklamotten lassen sich ohne große Mühe über den Bauch ziehen. Wenn es allerdings darum geht, eine Hose anzuziehen, muss sie sich hinsetzen, denn im Stehen ist das Ganze nicht mehr so leicht. Weiter geht das Prozedere dann mit den Socken – erst den linken, dann den rechten – und das ist anstrengend. Wenn Tina im Stehen an sich herunterguckt, ist das, was sie sieht, ihr Bauch. „Meine Zehen habe ich allerdings schon lange nicht mehr gesehen“, sagt sie mir. Und das Schuhe anziehen? „Das klappt ganz gut. Der Schuhlöffel ist zu meinem besten Freund geworden. Früher habe ich mich immer gefragt, warum man ihn überhaupt braucht. Jetzt verstehe ich es nur allzu gut.“ Ihr Schwangerenbauch gehört für sie schon zu ihrem Leben dazu. Der tägliche morgendliche Blick in den Badezimmerspiegel verwundert sie daher nicht mehr. Vor ein paar Monaten hat sie noch jeden Zentimeter, der langsam an Umfang dazukam, bewundert. Heute gehört ihr Bauch – und damit auch Paulina – ganz selbstverständlich dazu. „Die meiste Zeit merke ich meinen Bauch nicht so sehr, aber es gibt auch Tage, an denen er einfach hinderlich und im Weg ist.“
11.45: Tina verlässt das Haus, denn jeden Tag hat sie einen anderen Termin. Sie plant ihre Woche minutiös und jeder Tag muss einen Inhalt haben. Deshalb verabredet sie sich, um nicht die Zeit bis zur Geburt zu Hause absitzen zu müssen. Auto fahren klappt mit Bauch noch ganz gut – bis auf das Rückwärtsfahren, denn wenn sie sich dazu umdrehen will, ist der Bauch im Weg (zum Glück wohnt keiner ihrer Freunde in einer engen Sackgasse).
14.00: Tina näht mal wieder drauf los. Diesmal steht das Projekt Fußballweltmeisterschaft an. Eine Hose in den Farben Schwarz, Rot und Gold und mit kleinen Fußbällen darauf – quasi ein Miniatur-Fan-Outfit – muss es sein, man will ja schließlich Papa Markus stolz machen.
16.30: Sie macht sich auf dem Weg zur Hebamme, die ihr kleine Nadeln in die Beine steckt. Nach 20 Minuten heißt es „Feierabend“, denn das Leben einer Hochschwangeren ist anstrengend. Also schnell nach Hause.
17.00: Glücklich und müde macht sich Tina auf den Heimweg, denn es ist Zeit für die Couch. Paulinas drei Kilogramm machen sich langsam bemerkbar. Und die kranke Katze braucht schließlich auch ihre Streicheleinheiten. Sobald sie nach Hause kommt, muss sie sich aber umziehen, denn der Hosenbund fängt an zu nerven. „Selbst die weiteste Schwangerschaftshose ist irgendwann unangenehm.“
18.00: Tina werkelt in der Küche, denn Markus kommt bald von der Arbeit nach Hause. Das Spülmaschine ein- und ausräumen kann dann schon mal länger dauern als normal und die gebückte Haltung ist weder für Tina noch für Paulina angenehm. „Da bekomme ich dann schon mal einen Tritt zu spüren, der mir signalisieren soll: Hey! Stell dich wieder gerade hin. Es ist zu eng hier drin.“
18.45: Markus kommt nach Hause. „Wie war dein Tag, Schatz?“, fragt er sie. Na, wie soll er schon gewesen sein, mit so einem großen Bauch, denkt sich Tina. „Tritte in die Rippe, 20 Toilettengänge und 100 Ruhepausen zum Luftholen – weiter nichts“, sagt sie dann ironisch. Markus unterstützt sie, wo er nur kann. Bevor er ins Training geht, kauft er gemeinsam mit Tina ein. Selbst das Wäschewaschen will er übernehmen. „Aber das bekomme ich noch alleine hin – ich bin ja schließlich nicht krank.“
20.15: Die Abende verbringt Tina nur noch auf der Couch. Den Tag über war sie ja schon genug unterwegs. Im Liegen ist es für sie dann am angenehmsten, aber das geht nur noch in der Seitenlage. Auf dem Rücken darf sie schon nicht mehr liegen und falls sie es doch einmal tut, schnauft sie laut, aber ohne es zu merken. Erst wenn Markus sie dann prüfend anguckt und mit Sprüchen wie „Wenn du so weitermachst, heben wir gleich ab“ zum Lachen bringt, rollt sie sich wieder auf die Seite. Pünktlich zur Prime-Time fängt Paulina dann wieder an zu treten, denn wenn Mama Tina auf der Seite liegt, mag Paulina das gar nicht. Papa Markus allerdings schon, denn das sind die Momente, in denen er Paulina auch mal spüren kann. „Hey du, komm jetzt endlich raus“, sagt er dann und tippt mit seinem Zeigefinger auf den inzwischen markanten Fußabdruck auf dem Bauch.
20.29: Markus holt Tina ein Eis, denn das gehört für sie schon fast zum Abend dazu. Vor allem jetzt. „Das ist das einzige, auf das ich im Moment Heißhunger habe. Ansonsten habe ich die Schwangerschaft über keine Gelüste entwickelt.“
23.00: Es ist Zeit ins Bett zu gehen. Bevor sie sich aber schlafen legt (die Hose geht einfacher aus- als anzuziehen), geht sie zur Sicherheit noch einmal auf die Toilette, obwohl sie ja eigentlich genau weiß, dass sie spätestens in einer Stunde wieder aufstehen wird. Und das nicht nur einmal bis der Wecker wieder klingelt.
In weniger als zwei Wochen ist der errechnete Geburtstermin. Wenn alles nach Plan verläuft, kommt Paulina (ab heute gezählt) in 11 Tagen auf die Welt. „Einerseits zähle ich die Tage bis die Schwangerschaft vorbei ist, weil es jetzt am Ende so beschwerlich ist. Andererseits genieße ich noch diese letzte Zeit und vor allem die Tritte, weil ich glaube, dass man das dann vermissen wird. Aber ich werde Paulina ja dann dafür in meinen Armen halten können.“
Ich: „Glaubst du, dass es noch 11 Tage dauern wird?“
Tina: „Nein, ich bin eigentlich ziemlich sicher, dass sie früher kommt. Ich hab’ das irgendwie im Gefühl – mal sehen. Ich habe mal gehört, dass bei Gewitter oder Vollmond Babys am häufigsten zur Welt kommen. Für diese Woche ist Vollmond vorhergesagt. Und ich bekomme auch jetzt von der Hebamme eine Nadel in den kleinen Fußzeh. Ab diesem Moment kann es jeden Tag losgehen, heißt es.“
Ich merke deutlich, dass Tina es kaum mehr abwarten kann, bis sie ihre kleine Tochter endlich sehen und in den Arm nehmen kann. „Weißt du, jetzt konnten wir schon so oft einen kleinen Fuß spüren – jetzt möchten wir das Baby auch endlich sehen können.“ Wenn der Arzt bei der nächsten Routineuntersuchung bestätigt, dass Paulina jetzt groß und schwer genug ist, dann „legt sie los“: „Dann werde ich alle Floskeln berücksichtigen, die es so gibt, wenn es darum geht, eine Geburt schneller voranzutreiben. Treppensteigen und lange Spaziergänge unternehmen, zum Beispiel“, sagt Tina. Doch bis es soweit ist, genießt sie jeden Tag, an dem sie ihrer Tochter auf diese wundersame Weise ganz nah sein kann.
Und in der nächsten Folge unserer Serie? Ist Paulina schon da? Oder immer noch nicht? Wir sind gespannt!
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Was bisher geschah:
Folge VII: Der Countdown läuft
„Ich packe meine Krankenhaus-Tasche und nehme mit: Einen Schlafanzug, meine Zahnbürste und erste Klamotten fürs Baby“ – der Countdown läuft. Keine vier Wochen mehr, dann ist der errechnete Geburtstermin und Paulina kommt auf die Welt. Tina und Markus sind vorbereitet auf die kleine Mitbewohnerin: Die Kommode im Kinderzimmer ist eingeräumt. Kleine Hosen, Pullover und Socken füllen die Schubladen. Alles liegt bereit und die beiden sind startklar. Jetzt gilt es nur noch den Kater King Kong daran zu gewöhnen, dass sich bald alles nicht mehr nur um ihn drehen wird, sondern dass eine andere kleine Hauptperson dazu kommt.
Ich: „Wie bringst du eurer Katze bei, dass ihr bald zu viert sein werdet?“
Tina: „Ihn vorher an die Situation zu gewöhnen, wird schwierig sein. Wir haben jetzt schon mal den Laufstall im Wohnzimmer aufgestellt, um King Kong langsam aber sicher daran zu gewöhnen, dass dieser für ihn tabu sein wird. Darauf wird er auch jedes Mal hingewiesen – mit ein paar Spritzern Wasser, denn immerhin möchte ich mal den Raum verlassen können, ohne Angst haben zu müssen, dass er auf Paulina sitzt.“
Das hat sich aber im Moment für den Kater King Kong ohnehin erledigt, denn er wurde von einem Auto angefahren. Nach Klettern und Toben ist ihm daher momentan nicht, sondern er kämpft damit, wieder auf die Pfoten zu kommen. Kleine Kinder – kleine Sorgen; kleine Katze – tierische Sorgen. So sorgt King Kong dafür, dass sich Tina und Markus schon mal im Sorgenmachen üben.
Tina: „Ich mache mir richtig Sorgen um ihn. Er gehört ja zu unserer Familie. Der Unfall hat mich echt aus der Bahn geworfen. Ich hätte darauf wirklich verzichten können – und vor allem auch so kurz vor der Geburt. Markus und ich haben sogar auf dem Sofa übernachtet, damit wir ihm dabei helfen können, sich zu bewegen. Momentan braucht er eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.“
Am Anfang ihrer Schwangerschaft hat Tina nur in „Wochen“ gesprochen, später wurden es „Monate“ und jetzt kann sie schon fast die Tage bis zur Geburt zählen. Das tut sie auch im wahrsten Sinne des Wortes und freut sich darüber, jeden Morgen ein weiteres imaginäres Kalenderblatt in ihrem Kopf abzureißen. Tinas größter Feind ist die Geduld: „Wenn ich zu wenig Schlaf bekomme, werde ich ungeduldig“ – das hat sie schon oft gesagt. Und man muss zugeben, Paulina scheint es egal zu sein, ob ihre Mama während ihrer Turnübungen im Bauch schlafen kann oder eben nicht.
Tina: „Am meisten bewegt sie sich, wenn ich abends auf dem Sofa oder dann im Bett liege. Sowas nennt man wohl perfektes Timing!? Man sagt, dass sie Kinder in den ersten Monaten, in denen sie auf der Welt sind, genauso und um dieselbe Uhrzeit aktiv sind, wie sie es in den letzten Wochen vor der Geburt sind. Das kann ja heiter werden. Manchmal boxt sie so arg, dass es echt unangenehm ist. Einmal habe ich auch ihren Fuß zwischen meinen Rippen gespürt und ihn sanft wieder nach unten geschoben.“
Ich: „Und hast du schon eine Technik herausgefunden, wie du sie am besten wieder beruhigen kannst?“
Tina: „Da hilft eigentlich nur Aufstehen, weil sie in den Schlaf geschaukelt wird, wenn ich mich bewege. Deshalb stehe ich nachts bestimmt zwei oder drei Mal auf, aber nicht nur, um sie zu beruhigen, sondern auch weil ich ständig auf die Toilette muss, da sie auf die Blase drückt.“
Tina hat mittlerweile herausgefunden, in welchen Situationen Paulina besonders aktiv ist. Ich besuche Tina mit einer Freundin und wir liegen auf dem Sofa, essen Eis und quatschen – so wie früher. Würde da nicht ein Komponist namens Vivaldi ins Spiel kommen, der in Tinas früherem Leben keine Rolle gespielt hat.
„Halt mal’“, sagt sie zu mir, drückt mir ihr Spaghettieis in die Hand und zückt ihr Handy. Sie lässt Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ abspielen und hält es an ihren Bauch. „Ich habe gehört, dass das die Kinder intelligent machen soll“, sagt sie uns mit einem Zwinkern. „Ob es hilft? Keine Ahnung. Aber ich habe herausgefunden, dass Paulina auf Vivaldi anspringt.“ Und tatsächlich, ein paar Minuten später kann man deutlich sehen, dass sich ihr Bauch verformt und sich an verschiedenen Stellen kleine Beulen bilden, die langsam wieder in ihre ursprüngliche Position fallen. Wer hätte das gedacht, dass Vivaldi Babys zum Toben bringt. Und dann ist da dieser Moment, in dem sich ein kleiner Fuß abdrückt und ich eine kleine Ferse zwischen meinem Daumen und meinem Zeigefinder spüren kann. Vor vier Monaten habe ich zum ersten Mal einen Tritt von Paulina bemerken können, jetzt – vier Monate später – sind ihre Tritte kräftiger, als wollen sie sagen „Macht euch auf was gefasst. Bald bin ich da“.
Ab dem Moment, an dem Paulina geboren wird, wird sich fortan alles nur noch um sie drehen. Tina nutzt die letzte Zeit ihrer Schwangerschaft daher intensiv, um noch einmal Sachen zu unternehmen, die mit Baby schwierig sein werden.
Tina: „Markus und ich haben so etwas wie eine Art To-do-Liste. Wir würden gerne nochmal Frühstücken, ins Kino oder auch Abendessen gehen. Eben Dinge unternehmen, die in der ersten Zeit nach der Geburt mit Sicherheit zu kurz kommen werden. Ich nehme mir für jeden Tag etwas vor, damit einfach auch die letzte Zeit vor der Geburt schneller umgeht und sich nicht zieht wie Kaugummi, denn man wartet ja jeden Tag und rein theoretisch könnte es heute schon losgehen. Spätestens nachmittags merke ich aber dann meine Müdigkeit, weil mir nachts der Schlaf fehlt. Diese Woche beginnt auch die geburtsvorbereitende Akupunktur bei der Hebamme, die einmal wöchentlich stattfindet. Jetzt wird es also ernst.“
Ich: „Bist du dir überhaupt darüber bewusst, dass du in vier Wochen Mama bist?“
Tina: „Ich bin bereit, aber ich kann es noch gar nicht richtig glauben. Als ich mit King Kong vom Tierarzt nach Hause gefahren bin, saß er auf dem Rücksitz und ich habe mit ihm geredet, um ihn zu beruhigen. In nicht einmal mehr einem Monat, werde ich mit meinem Kind im Auto sprechen. Verrückt …“
Wenn Tina als frisch gebackene Mama vom Krankenhaus nach Hause kommt, wird sie in der einen Hand ihre Krankenhaustasche tragen, die dann ihren Zweck erfüllt hat, und in der anderen ein kleines, quicklebendiges Päckchen, das direkt vom Klapperstorch gebracht wurde – „wäre schön, wenn es so einfach wäre“, sagt sie mir mit einem Lachen.
Und im nächsten Teil unserer Serie? „Meine Zehen habe ich schon lange nicht mehr gesehen“
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Folge VI. Sie sagt … Er sagt …
Folge VI. Sie sagt … Er sagt …
Tina ist im 9. Monat ihrer Schwangerschaft. In etwa sechs Wochen ist der errechnete Geburtstermin. Grund genug, um Tina und ihren Mann Markus einmal dazu befragen, ob sie sich schon grundsätzliche Gedanken über die Zeit nach der Geburt gemacht haben. SIE hatte schon genug Zeit und Gelegenheit, sich mit dem Thema Kinderkriegen auseinanderzusetzen, denn täglich spürt sie Veränderungen und schließlich ist SIE es, die Paulina auf die Welt bringen wird. ER hat in den vergangen Monaten sein Leben ganz normal weitergeführt. Viel geändert hat sich für ihn nicht – noch nicht. Ich befrage die beiden getrennt von einander, denn ich möchte wissen, in welchen Punkten sie sich unterscheiden und in welchen sie sich einig sind. Eigentlich sind die beiden ja ein perfekt eingespieltes Team …
Ich: „Habt ihr euch schon Gedanken darüber gemacht, wer nachts aufsteht, wenn Paulina schreit?“
Sie sagt …
Tina: „Ich hoffe, dass das Stillen klappt und dann wird das wohl meine Aufgabe sein, denn der Mann kann halt nicht viel machen, wenn das Kind nachts Hunger hat. Aber falls es so sein sollte, dass ich nicht stillen kann, dann kann Markus ihr auch die Flasche geben … und ich kann dann vielleicht auch mal durchschlafen.“
Er sagt …
Markus: „Tina! (sagt er direkt heraus) Denn sie hat ja schließlich auch die ‚Andockstation’, mit der ich nicht dienen kann. Aber für mich ist klar, dass ich mich um das Baby kümmere, wenn ich abends nach Hause komme und Tina dann auch ihre Ruhephasen gönnen werde, die ich nachts brauche, um morgens fit zu sein. Mal gucken, wie es wird, das kann man ja noch nicht planen. Beim Partnerabend des Geburtsvorbereitungskurses hat die Hebamme außerdem erklärt, dass Männer die Kinder gut beruhigen können, weil die Babys bei ihnen keine Milch riechen.“
Ich: „Wollt ihr das Kind in eurem Bett schlafen lassen?“
Sie sagt …
Tina: „Also generell würde ich sagen ‚Nein’. Am Anfang wird sie bei uns im Zimmer sein, um den Weg zu verkürzen, wenn sie nachts aufwacht. Aber ich bin der Meinung, dass man Kindern relativ früh anerziehen sollte, im eigenen Zimmer zu schlafen. Bei mir war das früher auch so und ich hatte nie Angst, weil ich meine Mutter immer noch gehört habe. Wenn man bedenkt, dass man irgendwann als Paar wieder etwas unternehmen möchte, sollte man die Kinder daran gewöhnen, dass man auch die Augen zumachen kann, ohne dass Mama oder Papa da sind. Ich denke, es ist wichtig, abwechselnd das Baby ins Bett zu bringen, falls einer mal nicht da sein sollte. Aber alles zu seiner Zeit.“
Er sagt …
Markus: „Das wollen wir nicht … zumindest ich möchte das nicht. Klar freut man sich auf Kuscheln usw., aber das Kind soll schon sein eigenes Bett haben und sich von Anfang an daran gewöhnen, dass es seinen eigenen Schlafplatz hat. Ich denke, man kann aber ein Ritual daraus machen, indem man vorliest und erzählt. Das hat bei mir auch geklappt als ich klein war und morgens bin ich dann zu meinen Eltern ins Bett. Aber wir werden sehen, was passiert.“
Ich: „Fussball oder Ballett?“
Sie sagt …
Tina: „Das kommt ganz auf ihre Interessen an. Es wird sich auch im Kindergarten zeigen, was ihr Spaß macht. Gegen Ballsportarten hab’ ich nichts, ich habe selbst Tennis und Handball gespielt. Sie darf generell alles ausprobieren, solange sie nicht mit drei Jahren ein eigenes Pferd im Garten haben will. Und ich glaube, es ist wichtig, Kinder Hobbies ausprobieren zu lassen und sich dann auf eines festzulegen. Ich durfte als Kind auch viel ausprobieren. Wenn sie Fußball spielen will, unterstütze ich sie dabei.“
Er sagt …
Markus: „Das ist mir relativ egal. Ich finde es aber wichtig, dass sie sich ein Hobby aussuchen wird. Mal sehen, welche Interessen sie hat. Aber sie sollte sich dann für eine Sache entscheiden. Und nicht nach Misserfolgen gleich aufgeben. Ich trainiere junge Ringer. Diesen Sport könnte ich mir für meine Tochter allerdings nicht unbedingt vorstellen, aber da hoffe ich vielleicht noch auf einen Stammhalter. Ich würde es ihr aber nicht verbieten. Ich möchte auf jeden Fall meine Kinder so unterstützen, wie meine Eltern mich unterstützt und die Wochenenden in Sporthallen verbracht haben. Davor habe ich Respekt und das möchte ich auch so weitergeben.“
Ich: „Habt ihr euch schon über grundsätzliche Erziehungsangelegenheiten Gedanken gemacht, die ihr plant?“
Sie sagt …
Tina: „Die Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs hat uns gesagt, dass man gucken muss, dass sich das Leben nicht nur noch nach dem Kind richtet. Die Kinder sollte man von Anfang an nicht verhätscheln. Unser Leben als Paar muss ja auch weiter gehen. Überall in den Büchern steht: Auch mal schreien lassen – mal sehen, ob ich es dann auch übers Herz bringen kann, wenn es soweit ist. Wir werden sehen. Auch kann man das Kind nicht vor allem beschützen, man lernt aus Fehlern und davor darf man es nicht bewahren. Paulina soll nicht ängstlich, sondern selbstständig werden.“
Er sagt …
Markus: „Es ist wichtig, keine sterile Umwelt zu schaffen. Sie darf auch gerne mal im Dreck spielen, wenn sie das möchte, denn: Dreck macht Speck und die gesündesten Kinder! Ich möchte für Paulina keine unreale Welt schaffen, sondern eine, in der sie lernt, mit Erfahrungen umzugehen.“
Ich: „Wie sieht es denn mit der weiteren Familienplanung aus? Wie viele Geschwisterkinder habt ihr für Paulina geplant?“
Sie sagt …
Tina: „Wir wollen zwei Kinder. Und das ist auch schon wichtig zu wissen, dass wir das beide wollen. Die Kleine muss früh lernen zu teilen und dass sie nicht alleine ist. Mit Sicherheit wird das mit einem zweiten Kind auch anstrengend, aber man hat ja dann auch zu Hause einen Freund – ganz egal ob Bruder oder Schwester. So war es bei uns zu Hause auch.“
Er sagt …
Markus: „Ein zweites Kind ist auf jeden Fall geplant. Am Anfang wird unsere Tochter ganz klar eine Prinzessin sein – als erstes Kind. Aber das ist ja auch ganz normal. Wenn ein Geschwisterchen dazu kommt, könnte ich mir vorstellen, dass es schwierig werden kann. Aber mehr als ein Kind wünschen wir uns auf jeden Fall, denn wir sind ja beide auch keine Einzelkinder.“
Die letzte Frage stelle ich den werdenden Eltern gezielt zusammen, denn ich bin gespannt auf die Reaktion von Tina. Und von Markus.
Ich: „Was glaubt ihr, hätten Männer genug Geduld, um schwanger zu sein?“
Tina: „Ich glaube, es ist keine Frage der Geduld, sondern der Schmerzen. Wenn ein Mann Schnupfen hat, liegt er auf der Couch und jammert.“
Markus: „Ich nicht!“
Tina: „Du auch!“
Ich: … (Ich schaue verlegen auf meine Notizen)
Tina: „Ich glaube, Männer würden das nicht aushalten. Oder auch auf manche Sachen zu verzichten, wie zum Beispiel Alkohol zu trinken, stelle ich mir bei Männern schwieriger vor.“
Markus: „Also für einen Mann sind solche Fragen sehr abstrakt und schwierig zu beantworten. Ich bin aber davon überzeugt, dass ich auch als Mann auf vieles verzichten und Schmerzen in Kauf nehmen könnte und würde.“
Ich: „Tina, was glaubst du: Würde ein Mann die Schmerzen bei einer Geburt aushalten?“
Tina: „Ich kann es auch noch nicht sagen, wie ich es verkrafte, und ich habe auch die Alternative der PDA im Hinterkopf, um mir helfen zu lassen, wenn es nicht mehr geht, denn ich denke mir, warum es nicht verwenden, wenn es das gibt. Aber die Option hätte ein Mann auch, von daher ist das schwierig zu beantworten.“
Markus: „Ich denke, Männer könnten das aushalten. Aber es ist ja schon erwiesen, dass Männer schmerzempfindlicher sind. Ich habe erst vor kurzem einen Fernsehbeitrag gesehen, in dem ein Journalist sich an einen Wehensimulator anschloss und er hat es auch ausgehalten – von daher, denke ich schon, dass wir das könnten.“
Tina: „Aber das waren ja gar keine echten Wehen.“
Markus: „Ja, aber es hat dem Journalisten schon wehgetan, das hat man gesehen. Und er hat es ausgehalten.“
Tina: „Aber die waren doch nur simuliert und die eigentliche Geburt, kann man ja gar nicht simulieren.“
Markus: „Aber …“
Tina: „ (Wendet sich an mich): Hast du den Beitrag auch gesehen? Wehen kann man doch gar nicht richtig simulieren.“ (Fragt sie mich, ohne eine Antwort zu erwarten, weil sie sich gleich wieder zu Markus dreht und sich das Lachen verkneifen muss.)
Ich: …
Ich frage mich, warum ich diese Frage den beiden überhaupt gestellt habe. Während die beiden weiter eine kleine Grundsatzdiskussion über Schmerzen und das Leben in der Schwangerschaft führen, schaue ich weiter auf mein Blatt Papier, aber eigentlich hätte ich mich auch in die Mitte des Tisches setzen, einen Handstand machen und nebenbei noch mit den Füßen drei Eier jonglieren können – die beiden hätten es ohnehin nicht bemerkt. Das ging noch etwa eine Minute so weiter.
Markus: …
Tina: …
Markus: „Es heißt ja immer: Wenn Männer Kinder bekommen würden, wären wir schon ausgestorben. Naja.“ Das sagt er mit einem Lächeln, das verrät, dass er froh zu sein scheint, kein Kind auf die Welt bringen zu müssen. Die eigentliche Frage, die die Diskussion ins Rollen brachte, scheint damit für ihn beantwortet. Diesen letzten Satz hat Tina nicht gehört, weil sie sich gerade die Beine vertreten muss, da Paulina sich mal wieder Platz freiboxt. Aber ich bin mir sicher: Hätte sie ihn gehört, dann hätte sie triumphierend gelächelt.
Folge V: Atmen, hecheln und das Becken kreisen
„Ich komme gerade aus dem GVK“ schreibt Tina mir in einer SMS. „GVK“ – ist das jetzt die neue Abkürzung, die jede Mutter wissen muss?, frage ich mich. Sonst schrieb sie mir Abkürzungen wie „Gehen wir auf den mp?“ (= Marktplatz). Tina ist inzwischen im 9. Monat ihrer Schwangerschaft. Die Geburt rückt immer näher – es ist also Zeit, sich auf die Geburt vorzubereiten. Und das natürlich mit einem Geburtsvorbereitungskurs.
Ich: „Wie war es denn beim allerersten Kursabend?“
Tina: „Gut, aber auch erst mal ungewohnt.“
Ich: „Warum?“
Tina: „ Naja, es war am Anfang schon eine komische Situation … und an manche Übungen, wie zum Beispiel in den Bauch hineinzuatmen, musste ich mich erst einmal gewöhnen. Aber man kann sich mit anderen werdenden Müttern über die „Wehwehchen“ in der Schwangerschaft austauschen – das gefällt mir. Und die Atmosphäre ist schön. Ich bin auch sehr froh, dass meine Freundin, die jetzt bald ihr Kind bekommt, den gleichen Kurs belegt.“
Ich: „Weißt du jetzt, wie man richtig atmet, hechelt und das Becken kreist“?
Tina: „Ja,ja, das klingt alles im ersten Moment komisch, aber ich finde es gut, sich vorher schon mal in die Situation hineinzuversetzen und zu wissen, welche Atemtechnik wann die richtige ist.“
Auch der Papa in spe Markus war schon beim Geburtsvorbereitungskurs dabei. Das obligatorische Bauchanmalen durfte dabei natürlich nicht fehlen. Markus zauberte Tina Schmetterlinge auf den Bauch. Das fertige Kunstwerk zeigt Tina mir auf ihrem Handy.
Ich: „Wie war denn der Partnerabend?“
Tina: „Der Kursabend mit den werdenden Papas war sehr schön, denn die Hebamme hat den Männern erklärt, wie Frauen sich bei der Geburt benehmen könnten (von Brüllen über Weinen bis Lachen), wir haben Geburtspositionen geübt und sie hat uns alles zum Geburtsvorgang erklärt. Außerdem hat sie uns gezeigt, dass Paulina schon richtig herum liegt. Und man kann auch schon genau fühlen, wo der Kopf liegt.“ Während sie das sagt, legt sie sich aufs Sofa, greift ohne Vorwarnung meine Hand und drückt sie an ihre Leiste. Und tatsächlich: Das Harte scheint der Kopf zu sein, denke ich mir. „Das ist echt heftig, oder?“, höre ich Markus begeistert aus der Küche rufen. Ja, das ist es wirklich.
Ich: „Glaubst du, man kann sich im Ernstfall dann noch an die ganzen Übungen erinnern?“
Tina: „Gott sei Dank hat man ja in der Situation die Hebamme bei sich, die mir dann genau erklärt, was ich wann machen muss.“
Ich: „Fühlst du dich denn schon als Mutter ?“
Tina: „Als Mutter fühle ich mich noch nicht wirklich, obwohl ich viel Rücksicht nehme und mehr auf mich achte als früher. Aber seitdem ich die Herztöne gehört und die Ultraschallbilder gesehen habe, glaube ich zu wissen, was auf mich zukommt. Aber ich denke, für Markus war der Geburtsvorbereitungskurs nochmal wichtig, um wirklich zu verstehen, was passiert.“
Ich: „Tina, jetzt mal ehrlich: Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Geburtstermin. Hast du Angst davor?“
Tina: „Eigentlich habe ich keine Angst. Natürlich mache ich mir Gedanken, wie die Geburt ablaufen wird. Aber ein geplanter Kaiserschnitt kommt für mich nicht in Frage, weil ich finde, eine natürliche Geburt sollte jede Frau mit Kinderwunsch einmal durchlebt haben – es gehört irgendwie dazu. Und unsere Mütter haben das ja auch geschafft.“
Stimmt, und das nicht nur einmal, denke ich mir. „Aber jetzt erstmal diese Geburt erleben und dann mal gucken, wann das zweite Baby kommt“, sagt Tina, als ob sie in diesem Moment meine Gedanken hat hören können.
Ich: „Hast du dich denn jetzt schon für ein Krankenhaus entschieden?“
Tina: „Ja, aber ich habe mir auch ein paar Kreißsäle angeguckt und mich auch mit anderen Frauen unterhalten, die mir Tipps gegeben haben. Mit meiner Entscheidung bin ich auf jeden Fall zufrieden und ich glaube, ich bin dort gut aufgehoben. Die Atmosphäre ist schön, die Räume sind hell und freundlich und die Mamas sind mit den Babys unter sich.“
Neben Tinas Foto vom Geburtsvorbereitungskurs mit bunt angemaltem Bauch reihen sich noch viele andere Fotos auf ihrem Handy aneinander. Jede Veränderung wird festgehalten, jede Entwicklung notiert und auch ich trage mit diesem „Babytagebuch“ dazu bei, dass Tinas Schwangerschaft zu einer schönen Erinnerung wird.
Ich: „Habt ihr euch schon überlegt, wie ihr die Erinnerungen an den Bauch festhalten wollt? Habt ihr einen Gipsabdruck oder ähnliches geplant?“
Tina: „Wir haben es schon vor vielleicht schöne Bilder machen zu lassen, aber darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken, weil man das sowieso erst macht, wenn der Bauch richtig groß ist, also kurz vor der Entbindung. Am Anfang der Schwangerschaft hatten wir schon vor jeden Monat ein Bild zu machen, aber da waren wir dann doch zu nachlässig. Ich könnte mir aber auch vorstellen, einen Gipsabdruck zu machen.“
Ich habe früher immer gedacht, dass eine Schwangerschaft ewig lang ist. Ist sie ja auch, aber bei Tina’s Schwangerschaft habe ich irgendwie das Gefühl, dass sie so schnell umgeht. Vielleicht liegt das daran, dass ich hautnah dabei bin. „Für mich geht sie allerdings nicht schnell rum“, sagt sie mir. In den vergangenen vier Wochen hat Tina einen Spanisch-Intensiv-Kurs gemacht. Da Markus Mutter aus Venezuela stammt und er zweisprachig aufgewachsen ist, wollen sie natürlich auch Paulina zweisprachig erziehen – und das gemeinsam. Spanische Lehrbücher und Vokabelkarten mischen sich jetzt unter die Schwangerschaftsbücher und in jeder freien Minute übt Markus mit Tina für die Verwandtschaft in Venezuela. Die letzten vier Wochen vergingen daher wie im Flug – eine willkommene Abwechslung für Tina. Jetzt ist sie aber froh, mit ihrem Bauch nicht mehr so viel unterwegs sein zu müssen.
„Man wird halt schwerfälliger, weil die Nächte auch kürzer werden“, sagt sie etwas mürrisch und erschöpft. „Ich lege mich eine Runde auf’s Ohr. Buenas noches!“. Das mit dem Spanisch klappt ja schon mal ganz gut.
Und im nächsten Teil unserer Serie? Er sagt! – Sie sagt!
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, Alter 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Was bisher geschah:
Folge IV: Bloß nichts vergessen …
Tina und ich sind shoppen und ich fühle mich wie in einem Puppengeschäft. Kleine Kleidchen, Hüte und unglaublich viele kleine Schuhe, die eigentlich gar keine Schuhe sind, sondern nur so aussehen und auch keine richtige Sohle haben… Sortiert nach Farben und Mustern. Ringel neben Streifen neben Punkten. Noch vor einem halben Jahr haben Tina und ich nach Shirts in unserer Größe geschaut, jetzt suchen wir Miniaturausgaben von ihnen. Alles hier ist sehr schön und vor allem auch schön teuer. „Es ist unglaublich, wie viel Geld man für Babyklamotten ausgeben kann“, höre ich Tina sagen, während sie ein grau-weiß gestreiftes, klitzekleines T-Shirt ins Regal zurücklegt. Recht hat sie, denke ich. Man könnte ein Vermögen für Kinderklamotten ausgeben. So viel Geld für so wenig Stoff.
Ich: „Wie viele Klamotten kauft man denn für ein Neugeborenes? Das wächst doch so schnell aus den Kleidern wieder heraus?“
Tina: „Ich habe mich an einer Checkliste orientiert. Natürlich haben auch die werdenden Omas ein paar Sachen besorgt. Ich war auch schon auf einem Babyflohmarkt und habe da auch schöne Klamotten gekauft. Die Klamotten sind ja eh nur zwei- oder dreimal getragen. Und ich habe ja jetzt auch gelernt, wie ich kleine Hosen nähe. Man kann nie genug kleine Bodys usw. haben, denn eine Freundin hat mich schon vorgewarnt, dass sie ihr Kind dreimal am Tag frisch anziehen muss, weil der Brei seine Spuren hinterlässt. Wer weiß, wie oft ich es am Anfang schaffen werde, neben Windelwechseln und Stillen den Weg zur Waschmaschine zu finden: Deshalb lieber mehr Kleider als zu wenig.“
Tina steckt voll in den Planungen für die Erstausstattung. Was hab‘ ich schon? Was fehlt noch? Was kann ich noch besorgen und vor allem wo bekomme was günstiger als woanders? Diese Gedanken scheinen wie imaginäre Fragezeichen täglich um Tinas Kopf herumzuschwirren.
Kinderwagen? Check.
Kindersitz? Check.
Bettchen? Check. „Da nehmen wir das, in dem ich schon als Baby drin lag, und das die ganzen letzten Jahre auf dem Speicher meiner Eltern war.“
Namen? Check. „Da waren wir uns zum Glück gleich einig“, betont Tina.
Aber so viele Dinge müssen besorgt werden, wie die richtigen Schnuller in der richtigen Größe (wer weiß, ob Paulina überhaupt einen nimmt), Fläschchen (wer weiß, ob das Stillen klappt) und einen Sterilisator, um die Fläschchen zu reinigen.
Ich: „Hilft dir so eine Liste? Bist du der To-do-Listen-Typ?“
Tina: „Ja, es schon sehr hilfreich. Weil da auch Sachen drauf stehen, an die hätte ich vorher gar nicht gedacht beziehungsweise ich hätte gar nicht gewusst, dass man sie zusätzlich braucht, wie zum Beispiel ein Sonnenschutz für die Babyschale.“
Ich: „Wie viele Häkchen hast du denn schon auf der Liste machen können und was fehlt dir noch?“
Tina: „Wir haben schon sehr viel zusammen, aber das liegt daran, dass wir auch schon früh damit angefangen haben. Die Wickelkommode und den Kleiderschrank haben wir glücklicherweise von Freunden übernehmen können. Einige Sachen wollten wir aber auch unbedingt neu kaufen wie zum Beispiel den Kinderwagen, denn so investieren wir einmal richtig Geld, haben was Gutes und können es gleich für das zweite Kind mitbenutzen. Jetzt haben wir fast alles zusammen und es fehlt nur noch: unser Baby!“
Ich: „Was ist das Kurioseste, was du bisher in einem Babygeschäft gesehen hast? Mit Strass besetze Schnuller?“
Tina: „Zum Beispiel habe ich schon viele überteuerte Markenschuhe gesehen, die vielleicht zweimal getragen werden würden und eigentlich sinnlos sind. Wenn man nicht aufs Geld achten muss, gibt es aber nach oben keine Grenzen.“
Ich: „Glaubst du, man kann sich überhaupt darauf vorbereiten, Eltern zu werden?“
Tina: „Ja, ich denke schon. Mir hilft zum Beispiel total, dass ich seit Beginn der Schwangerschaft ein Buch lese, das mich Tag für Tag in meiner Schwangerschaft begleitet, das mir Tipps für die Ernährung gibt und mir erklärt, in welchem Stadium sich mein Baby gerade befindet. Außerdem habe ich auch eine App (Babycenter) auf meinen Handy, mit der ich immer und überall auf dem neuesten Stand bin. So zeigen mir kleine Videos wie weit das Kind in der Entwicklung ist und was in den kommenden Wochen passiert. Die Videos zeige ich auch immer Markus, damit auch er sehen kann, was passiert.“ So zeigt Tina mir, dass Paulina jetzt in der 31. Schwangerschaftswoche, laut ihrer App, so groß ist wie ein Rotkohl, also 41 cm – darüber müssen wir beide schmunzeln.
Ich: „Schaust du dich auch in Foren um?“
Tina: „Nein. Mein Frauenarzt hat mich von Anfang an davor gewarnt, im Internet zu googeln, denn dann liest man nur Horrorgeschichten. Deshalb tausche ich mich mit anderen werdenden Müttern im Geburtsvorbereitungskurs aus oder mit meiner Freundin, die fünf Wochen weiter ist als ich, mit der ich auch zusammen den Kurs belege.“
Tina ist jetzt im achten Monat schwanger und sie macht keinen Hehl daraus, dass sie froh ist, wenn die Schwangerschaft bald vorbei ist – nicht, weil sie die Schwangerschaft nicht genießen und sich nicht auf das Baby freuen würde. Im Gegenteil! Sie zählt schon die Tage bis zur Geburt, aber langsam wird es einfach beschwerlicher. „Die Schwangerschaft an sich ist wirklich wunderschön, es ist eine aufregende Zeit, die ich nicht missen möchte, und ich kann es nur jedem empfehlen. Aber der Bauch wird größer, die Nächte dadurch kürzer und die Tritte stärker, was sehr unangenehm sein kann. Also von mir aus könnte eine Schwangerschaft auch nur sieben Monate dauern“, sagt sie mir mit einem Lächeln, während wir die ersten Sonnenstrahlen dieses Frühlings genießen und uns beide wieder in Richtung Sonne drehen.
Jedes Mal wenn ich Tina sehe, wird ihr Bauch größer und runder. „Und warte mal ab! Jetzt in den letzten Wochen wird er noch größer. Aber ich weiß jetzt schon manchmal nicht mehr, wie ich liegen soll und auch das Schuhebinden wird langsam schwierig“, sagt sie, nachdem sie zum vierten Mal innerhalb einer Stunde auf der Toilette war. Sie hat übers Wochenende eine kleine Reise gemacht und betont, dass es ohne Bauch nicht so anstrengend war und sie jetzt genug von Wochenendtrips hat.
Ich: „Gibt es etwas, auf das du verzichten musst und das du langsam vermisst?“
Tina: „Ja, klar. Gerade jetzt, wenn es wieder wärmer wird, werden wir draußen im Garten sitzen und mit Freunden grillen. Da bekommt man dann schon Lust auf eine Weinschorle. Weil es einfach dazu gehört und gut schmeckt. Aber dafür werde ich noch viele Sommer lang Zeit haben.“
Auch wenn Tina auf manches verzichten muss: Lust nach Eiscreme hat sie nach wie vor, aber über die Themen Figur und Babypfunde versucht sie sich inzwischen weniger Gedanken zu machen: „Im Moment genieße ich es, das zu essen, auf was ich Lust habe. Aber ich freue mich auch schon wieder darauf, mich nach der Schwangerschaft mit Sport in Form zu bringen“, erklärt sie und holt sich schnell noch zwei Kugeln Eis von der Eisdiele gegenüber. Im Sommer werden wir hier zu dritt im Café sitzen, Eis essen und uns daran erinnern, wie es war, als Tina nicht nur eine Kugel auf der Waffel hatte, sondern auch kugelrund in der Sonne saß.
Und im nächsten Teil unserer Serie? Atmen, hecheln und das Becken kreisen
Zur Autorin: Ann-Kathrin Weber, Alter 27, ist Volontärin und freut sich mit ihrer besten Freundin. Sie selbst hat noch kein Kind. Aber Kinderthemen findet sie trotzdem spannend.
Folge III: Vater werden ist nicht schwer … oder doch?
Es ist eine kleine Box, die Markus‘ Leben verändern sollte. Als Tina im vergangenen Jahr durch einen positiven Schwangerschaftstest die Gewissheit bekam, dass sie ein Kind erwartet, packte sie den Test in eine kleine Box und überreichte sie Markus, als er nach Hause kam. Die Überraschung war groß.
Ich: „Was hast du gedacht, als du die Box geöffnet hast?“
Markus: „Ich habe mich total gefreut, dass es so schnell geklappt hat. Ich wollte immer früh Vater werden und ein junger Papa sein. Am liebsten auch schon früher als es jetzt ist. Aber im Nachhinein denke ich, dass der Zeitpunkt genau richtig ist. Deshalb habe ich mich tierisch gefreut, dass es endlich so weit ist.“
Während Tinas Bauch wächst und sie sich immer mehr damit auseinandersetzen muss, dass sich ihr Körper verändert, geht für Markus das Leben relativ normal weiter mit Arbeiten und Trainertätigkeiten. Bis zu dem Tag, an dem es heißt, dass sie auch Mehrlinge erwarten könnten. „Es war ein Schock“, gibt er ganz klar zu. „Wenn es tatsächlich Drei geworden wären, hätten unsere Planungen wie die räumliche Vergrößerung, oder auch das Auto, geändert werden müssen. Natürlich hätten wir uns auch über Mehrlinge gefreut, aber so ist es für den Anfang auch super“, sagt Markus. Die ersten drei Monate der Schwangerschaft waren auch für ihn nicht leicht, denn „auch ich hatte Angst, das Kind doch noch zu verlieren und als die kritische Phase rum war, haben wir symbolisch eine erste Spieluhr gekauft.“ Nach dem Ersttrimester-Screening und mit der Gewissheit, dass das Baby gesund ist, kam auch für den werdenden Vater die Erleichterung. Da soll noch einmal jemand sagen: Vater werden ist nicht schwer…
Ich: „Wie ist es für dich, wenn du siehst, wie Tinas Bauch wächst?“
Markus: „Am Anfang hat man es kaum gemerkt und dann plötzlich wird der Bauch größer“, erklärt er mir und hält seine Hand auf Tinas Bauch, weil Paulina gerade wieder Turnübungen macht. „Das ist ein wahres Wunder.“ Anfang des Jahres spürt er zum ersten Mal einen Tritt seiner Tochter. Was er dabei gedacht hat? „Ok, jetzt merke auch ich, dass da tatsächlich ein neues Leben entsteht.“
Bei den festen Arztterminen ist Markus immer dabei. Neue Schnappschüsse seiner Tochter lässt er sich nicht entgehen. So reihen sich Fotos und Videos von den Ultraschalluntersuchungen auf seinem Handy aneinander. Anfangs fand er es komisch als Mann in eine Frauenarztpraxis zu gehen. Aber all diese Gedanken verflogen, als er zum ersten Mal die Herztöne seines Kindes gehört hatte. „Das war ein erster Meilenstein.“
Auch wenn sich für Markus momentan nicht viel ändert, realisiert er ganz klar, dass er Vater wird. „Ich sehe momentan alles noch recht locker. Auch das Umräumen des Arbeitszimmers in ein Kinderzimmer hätte von mir aus noch warten können“, sagt er, mit einem Lächeln, während Tina schon wieder an der Nähmaschine sitzt und ein Lätzchen näht. „Aber natürlich habe ich mir auch Sorgen um die Zwei gemacht, als Tina plötzlich ins Krankenhaus musste. Umso erleichterter war ich, als sie wieder zu Hause waren.“
Den Wunsch, Vater zu werden, hatte Markus schon früh. „Dadurch, dass meine Mutter immer schon Tagesmutter war und immer noch ist, gehören Kinder irgendwie zu meinem Leben dazu. Selbst als Teenager fand ich es völlig normal, dass bei uns zu Hause kleine Kinder rumwuselten. Vielleicht kommt daher auch der frühe Kinderwunsch“, sagt Markus nachdenklich. Seit sieben Jahren ist er begeisterter Onkel einer Nichte. Zeit mit ihr zu verbringen ist ihm sehr wichtig. „Wir haben Onkel-Nichte-Tage und die genieße ich auch.“ Bald werden Vater-Tochter-Tage dazukommen.
Ich: „Was waren deine ersten Gedanken, als du erfahren hast, dass es ein Mädchen wird?“
Markus: „Ich habe mich natürlich genauso wie Tina gefreut, als wir an Weihnachten erfahren haben, dass wir ein gesundes kleines Mädchen erwarten. Als Mann wünscht man sich aber auch einen Stammhalter und für ein Schwesterchen einen großen Bruder. Aber eigentlich war es mir egal, was es wird, Hauptsache Vater werden!“ Dass auf Paulina irgendwann aber mal ein kleiner Paul folgen wird, schließt er nicht aus. Im Gegenteil: Mindestens zwei Kinder haben sie eingeplant.
Dass sich Leben und Rhythmus ändern werden, sobald das Baby auf der Welt sein wird, ist sich Markus bewusst. Aus einem frisch verheirateten Ehepaar wird eine kleine Familie. Auch hat Markus schon darüber nachgedacht, sich nach der Geburt einige Wochen Urlaub zu nehmen, um voll und ganz für Tina und Paulina da sein.
Ich: „ Zählst du schon die Tage bis zur Geburt?
Markus: „Na klar. Ich kann es kaum abwarten, dass das Baby da ist, das ich bisher nur per Ultraschall gesehen habe. Aber momentan freue ich mich auf die Zeit, die wir noch nutzen können, um alles in Ruhe vorzubereiten. Wir haben noch eine kleine Reise vor, auf die ich mich sehr freue. Wer weiß, wann das das nächste Mal sein wird?“
Dass er bei der Geburt dabei sein will, ist für Markus selbstverständlich. „Natürlich möchte ich auch die Nabelschnur durchschneiden, weil das einfach dazu gehört.“ Der errechnete Geburtstermin ist der 24. Mai. Aber nicht nur für die beiden wird es an diesem Tag ein Grund zum Jubeln geben. „Auf diesen Tag fällt auch das Championsleague-Finale – also hoffe ich, dass es vielleicht ein bisschen schneller mit der Geburt vorangeht“, sagt er (… natürlich nur im Spaß). Vielleicht wird er doppelten Grund zur Freude haben. Aber sicher ist, dass er als Papa einer kleinen Tochter nur als Sieger hervorgehen kann.
Folge II. Alles kommt anders, als geplant …
Tina ist jetzt im 7. Monat. Aus dem Arbeitszimmer wird langsam aber sicher ein Kinderzimmer. Anstatt Klamotten für sich selbst, kauft und näht Tina kleine Kleidchen und Hosen für das Baby. Und auch sonst ist das noch Ungeborene immer präsent und Gesprächsthema Nummer eins, so als ob es schon immer da gewesen wäre. Alles, was Tina noch vor der Geburt erledigen und oder erleben möchte, geht sie mit viel Elan an. So steht auf ihrer To-do-Liste auch noch eine Reise an die Ostsee zu ihrer Familie – das letzte Mal ohne Kind. „Weißt du, es ist die letzte Möglichkeit vor der Geburt noch einmal einfach so wegfahren zu können und ich freue mich sehr darauf“, erklärt sie mir. Bei der nächsten Reise wird dann eine kleine Person mehr dabei sein.
Ich: „Was sagt denn deine Familie zur Schwangerschaft?“
Tina: „Es haben sich natürlich alle gefreut als sie davon erfahren haben und speziell meine Tante hat sich gewünscht, dass sie mich vor der Geburt noch einmal schwanger sieht. Deshalb die Reise.“
Doch erst mal steht das Kinderzimmer an und das nimmt ganz schön viel Zeit in Anspruch. So spreche ich sie fast nur noch am Telefon während sie von A nach B fährt, um von A wie Aussortieren bis Z wie Zimmerdekoration alles zu erledigen. Zwischen der Fahrt vom Baumarkt zum Ultraschall legt sie noch mal schnell einen Zwischenstopp im Stoffgeschäft ein … und dann passiert es: Tina muss ins Krankenhaus. Das passt natürlich nicht in ihren „Ich-werde-bald-Mama-und-muss-noch-viel-erledigen-Stundenplan“.
Ich: „Was ist denn passiert?“
Tina: „Ich hab mir zu viel vorgenommen, den Magen verdorben und viel Wasser verloren. Der Arzt im Krankenhaus entschied, mich zur Sicherheit zwei Tage dazubehalten.“
Dieser Zwischenstopp im Krankenhaus zwingt sie dazu, langsamer zu machen und ist wie eine Warnung …
Was sie in dieser Zwangspause von Nähen, Werkeln und Vorbereiten mit sich anstellt? „Ich versuche mich so gut es geht zu erholen.“ Ich besuche sie, als sie wieder zuhause ist. Als ich Nähmaschine, Stoffbarren und Nähutensilien sehe, wird mir aber klar, dass die Ruhepause bald wieder vorbei sein wird.
Ich: „Hattest du Angst gehabt, dass dem Baby etwas passiert sein könnte?“
Tina: „Na klar. Ich war so schwach und das Risiko bestand, dass wegen der Magenkrämpfe vorzeitige Wehen hätten entstehen können. Also war es schon die richtige Entscheidung im Krankenhaus zu bleiben. Die Verantwortung geht eben jetzt schon los. Ich habe mich während der zwei Tage dort sehr unwohl gefühlt. Ich wollte nach Hause. Aber es ging in dieser Situation ja nicht nur um mich, sondern auch um einen kleinen zweiten Menschen. Nur deshalb bin ich geblieben.“
Ich: „Hast du jetzt Angst davor, ein paar Tage wegzufahren?“
Tina: „Nein, solange ich auf mich aufpasse, ist alles in Ordnung. Ich freue mich sehr auf die Tage und ich glaube, man darf sich nicht allzu sehr verrückt machen“, sagt sie während sie über ihren Bauch streichelt, der mir schon viel größer erscheint, als bei unserem letzten Treffen.
Die nächsten Wochen werden es ganz schön in sich haben, denn dann rückt die Geburt allmählich näher und auch der Geburtsvorbereitungskurs steht an.
Ich: „Kannst du dir schon etwas darunter vorstellen? Mir fallen dabei nur Hechel- und Atemübungen ein“
Tina: „Ich hoffe, dass man sich dort austauschen kann und vielleicht entstehen sogar Freundschaften … nicht nur bei den werdenden Eltern.“
Wie alles begann …
Es ist schon irgendwie komisch: Als wir klein waren, haben wir im Kindergarten oft „Vater-Mutter-Kind“ gespielt und uns ausgemalt, wie es mal sein wird, wenn wir groß sind. Während der Schulzeit und der Pubertät wussten wir bestens über den Status des Verliebtseins oder den Liebeskummer der Anderen Bescheid. Als Tina ihren Mann Markus kennenlernte, war ich dabei. Bei ihrer Hochzeit war ich ihre Trauzeugin und jetzt erwartet sie ihr erstes Kind – unser Spiel aus dem Kindergarten ist für sie Realität geworden. Ihr Körper und ihr Leben verändern sich. Wie geht es ihr dabei? Welche Gedanken, Ängste und Gefühle hat sie während dieser aufregenden Zeit? Wir halten für das Familienmagazin StadtLandKind Momentaufnahmen einer Schwangerschaft fest:
Der Rückblick:
Es ist der 16. September 2013. Ein Schwangerschaftstest brachte die Gewissheit: Tina und Markus erwarten ein Kind. Alles verläuft nach Plan: Uni, Hochzeit, Kind – besser kann es doch gar nicht laufen. „Zwar stand es schwarz auf weiß auf der Packung, aber die ersten Wochen habe ich mich gar nicht schwanger gefühlt“, sagt Tina, während sie auf meinem Sofa sitzt. Jetzt kann man ihren Bauch schon deutlich sehen und Paulina macht sich auch schon bemerkbar. „Am 1. Januar konnten Markus und ich sie zum ersten Mal spüren.“
Im Nachhinein erinnert sich Tina an ein Gespräch mit ihrer Mutter – noch vor ihrer Ahnung, dass sie schwanger sein könnte. „Mein Geruchssinn war auf einmal viel stärker und mir sind Gerüche, die ich vorher nicht wahrgenommen habe, auf einmal mehr aufgefallen und teilweise auf den Magen geschlagen. Dann meinte meine Mutter: ‚Du bist bestimmt schwanger’“. Sie sollte Recht behalten.
Dass sich etwas mit Tina verändert, merkt man auch an anderen Dingen. Ein Beispiel:– Tina ist viel emotionaler und auch sentimentaler geworden. Unvorhergesehene Tränen- und auch Wutausbrüche kommen vor. Ein kleines Loch in der Wohnzimmerwand bezeugt einen solchen. Wie es da reingekommen ist? „Der Laptop wollte einfach nicht so, wie ich wollte.“ Kurz nachdem Tina erfahren hatte, dass es ein Mädchen wird, hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes eine „rosa-rote Brille“ auf. An der Kinokasse sucht sie sich einen rosafarbenen Strohhalm für ihre Cola aus, „weil es ein Mädchen wird“
2. Monat – Drillinge, oder was?
Bis es klar war, dass es ein Mädchen wird, dauerte es – denn „das wollte das Baby auf den Ultraschallbildern nicht immer zeigen und petzte die Beine zusammen“, sagt Tina. Aber das war nicht die einzige Spannung in den ersten Wochen. Denn am Anfang sah es so aus, als ob es Drillinge werden könnten. „Zwillinge liegen in meiner Familie, deshalb habe ich mich mental schon mal darauf eingestellt, dass es eventuell Zwei werden könnten.“ Als der Arzt sie dann untersucht, platzt es aus ihm heraus. „Also zwei sind es nicht, aber drei! Ich sehe drei Eier.“ Auch Markus musste sich erst einmal an den Gedanken gewöhnen. „Drei Tage waren wir in Ungewissheit und ich würde lügen, würde ich sagen, dass mir das keine Angst gemacht hat – geweint habe ich auch“, gibt sie zu und ich erinnere mich an diese Zeit zurück, während sie davon erzählt. Hätte sie wirklich drei Kinder auf einmal bekommen, hätte ich ihr eins davon abgenommen, sage ich ihr im Spaß – auch heute kann sie irgendwie noch nicht so richtig darüber lachen.
3. Monat – oder: „Da ist ja wirklich was in meinem Bauch“
„In den ersten Wochen bin ich morgens aufgewacht und habe auf ein Zeichen gewartet“, erklärt Tina, „aber ich habe mich nicht schwanger gefühlt und hatte auch keine Beschwerden.“ Einen Monat später sollte Tinas und Markus’ Hochzeit anstehen und Tina wollte natürlich gut in ihrem Brautkleid aussehen, „deshalb habe ich mich etwas runtergehungert.“ Das Ergebnis war Übelkeit und Tina entschied: „Schluss mit Hungern! Mein Magen darf nie leer sein, dann geht’s mir einfach besser. Den Tipp hat mir eine Freundin gegeben.“ Mit dem nächsten Arztbesuch änderte sich Tinas Wahrnehmung über ihre Schwangerschaft komplett. „Ich konnte im Ultraschall sehen, dass der Embryo mit allen vier Gliedmaßen wild zappelte – in diesem Moment dachte ich: ‚Da ist ja wirklich was in meinem Bauch’“. Trotz dieses Lebenszeichens versuchte sie sich nicht zu sehr daran zu binden, denn „ich befand mich ja noch am Ende der kritischen Phase. Ich habe versucht, es nicht an mich heranzulassen. Denn, wenn es auf einmal Komplikationen gegeben hätte, wäre es wahrscheinlich auch nicht lebensfähig gewesen“, sagt sie ganz sachlich.
4. Monat – oder: Hochzeit zu dritt
Ende November sollte es soweit sein. Wir haben Tina in ihr Kleid geschnürt und die Schleppe zurechtgerückt. Ein paar Tage vor diesem Ereignis hatte der Arzt ihr Bettruhe verschrieben, denn Hochzeitsstress und Anspannung gehen auch an einer schwangeren Frau nicht spurlos vorbei. Und das Baby? Stand natürlich im Mittelpunkt und wurde sowohl von der Standesbeamtin als auch vom Pfarrer in den Reden erwähnt. „Das fanden wir sehr schön“, sagt Tina. Nach ein paar Flittertagen in einer weißen Winterlandschaft brachte sie viele schöne Erinnerungen, Erholung und noch etwas mit: die Lust auf Eiscreme. „Ich könnte immer und überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit Eis essen“, sagt sie auf meinem Sofa und ich erinnere mich daran, dass wir die letzte Packung Eiskonfekt erst vor einer Stunde an einer Tankstelle gekauft hatten.
5. Monat – oder: Der Bauch wächst und wächst!
Tina hat sich daran gewöhnt, dass sich ihr Körper und ihre Haut verändern, doch das Einzige, was noch nervt ist die Ungewissheit, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird. „Ich wollte es unbedingt wissen, um mich darauf einlassen zu können“, sagt Tina. Der ersehnte Arzttermin bringt keine Klärung, denn Paulina wollte zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten, dass sie doch kein Paul wird. Aber dann in der 18. Woche, kurz vor Weihnachten, lüftete sie ihr Geheimnis. „Wir hätten uns natürlich über beides gefreut. Aber dass wir nun endlich wussten, was es wird, war unser größtes Weihnachtsgeschenk.“ Ab diesem Moment wurde Tina auch feinfühliger und versuchte, jede kleine Bewegung und jedes Grummeln im Bauch zu identifizieren. „In der 19. Woche hab ich sie schon gemerkt, aber Markus konnte es noch nicht spüren.“ Zu Beginn des Jahres konnte aber auch der werdende Papa spüren, dass sich ein kleiner Mensch im Bauch bewegt. Und auch ich bekomme das Baby zu spüren, als Tina ihren Bauch kitzelt, meine Hand auf ihn legt und ich in meiner Handinnenfläche einen kleinen, aber heftigen Tritt zu spüren bekomme. Kraft hat sie schon mal.
Am Ende des vergangenen Jahres kaufte Tina ein erstes Kleidchen und erste Schuhe – natürlich in rosa. Sieht aus wie ein kleines Puppenkleid, denke ich mir und erwische mich wieder dabei, wie ich an früher zurückdenke. Ob Paulina auch mal eine Freundin haben wird, die sie seit Kindertagen kennt? Ich wünsche es ihr.
Der Bauch ist auch schon ganz schön am Wachsen. „Natürlich freue ich mich darüber, aber es ist schon komisch, wenn sich der Körper verändert. Es ist für mich eine Umstellung: Früher habe ich auf jedes Gramm geachtet und jetzt nehme ich von Tag zu Tag mehr zu und kann nichts daran ändern.“
6. Monat – oder: Hola, Baby. Que tal?
Jetzt wird es langsam, aber sicher ernst. Tina macht Nägel mit Köpfen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn es ums Heimwerken geht wird sie kreativ. Anfang des Jahres beschloss sie aus dem Arbeitszimmer ein Kinderzimmer zu machen. Das bedeutet also alte Möbel raus und Schritt für Schritt neue rein. Gerade ist sie dabei einen Aufsatz für die Wickelkommode zu entwerfen, den der Schreiner dann bauen soll. Wohnaccessoires für das Kinderzimmer stellt sie größtenteils selbst her, wie zum Beispiel auch eine selbst genähte Spieldecke, eine Wickeltasche und ein Kissen. Ein Kinderwagen ist bestellt, aber noch nicht abgeholt – denn das soll Unglück bringen. Und auch sonst ist sie mir immer auf der Suche, ob sie nicht doch noch etwas für das Baby kaufen kann. „Ich möchte es für das Baby so schön wie nur möglich machen“, erklärt sie mir.
Ich: „Was ist noch in der letzten Zeit passiert?“
Tina: „Wir haben eine Kreißsaalführung mitgemacht.“
Ich: „Und wie war das? Bekommt man es da mit der Angst zu tun?“
Tina: „Ich hatte gemischte Gefühle. Es ist super schön dort gemacht, aber für mich auch so unreal. Denn im Moment kann ich mir noch nicht vorstellen, dass ich in vier Monaten da liegen und ein Kind bekommen soll“, sagt sie und scheint froh zu sein, dass der Geburtstermin noch nicht allzu nah ist. „Und langsam fängt das Kind an, auf die Blase zu drücken. Ich muss ständig rennen“, sagt sie, steht vom Sofa auf und geht in Richtung Badezimmer.
Als Tina wiederkommt, erzählt sie mir, dass sie sich für einen Spanisch-Intensiv-Kurs angemeldet hat. „Markus spricht ja fließend Spanisch und wir wollen unser Kind zweisprachig erziehen.“
Ich: „Macht sich denn das Kind jetzt schon mehr bemerkbar?“
Tina: „Ja, mein Bauch hat sich schon einmal verformt, als sie getreten hat. Jetzt kann man ihre Tritte nicht nur spüren, sondern auch schon sehen.“
Ich: „Hast du eigentlich Bedenken, dass du vielleicht in der ersten Zeit mit einem Säugling überfordert sein könntest?“
Tina: „Nein, ich glaube nicht. Wir haben meine und seine Familie im Rücken und das beruhigt. Das einzige, was mir zu denken gibt, ist, dass ich einfach zu wenig Schlaf bekommen könnte. Ich bin nämlich nicht gerade die ausgeglichenste Person, wenn ich zu wenig schlafe. Ich habe mich schon bei meinen Arbeitskolleginnen, die Mütter sind, umgehört, und jede hat mir den Tipp gegeben, jede Minute, in der das Kind schläft, auch zum Schlafen zu nutzen – wir werden sehen wie es klappt.“ Das werden wir ….
Liebe Ann-Kathrin
Solch etwas wunderschönes habe ich noch nie gelesen.
Du bist ein aufrichtiger, sehr gefühlvoller Mensch.
Meine Tina kann froh und glücklich sein solch eine treue
Freundin zu haben .
Alles liebe für dich und schreib bitte weiter.
Ilona aus Lübeck ( die Lieblingstante ) von Tina