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Die fünf kleinen Kinder, die Leon Mossmann täglich umsorgt, füttert, mit denen er spielt und spazieren geht, sind nicht die eigenen. Der 25-jährige Ilvesheimer eröffnete Mitte August eine Kindertagespflege und geht seit acht Jahren als Erzieher einer Beschäftigung nach, die nach wie vor von Frauen dominiert wird. Er fasste den Mut, sich als Tagesvater selbstständig zu machen. „Ich habe die Entscheidung aus Überzeugung getroffen und bereue sie nicht“, sagt er stolz. Laut Statistischem Bundesamt sind deutschlandweit nur rund sieben Prozent aller Kindergärtner Männer.
Leon, wie war dein Start als Tagesvater?
Es lief eigentlich alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Aufgrund der vielen Jahre Berufserfahrung in einem Kindergarten wusste ich im Großen und Ganzen, was auf mich zu kommt. Die Eingewöhnungen mit den Kindern sind sehr individuell und machen jede Menge Spaß.
Wie alt sind die Kinder in deiner Einrichtung?
Sie sind zwischen einem und drei Jahren. Das aktuell jüngste Kind ist 14 Monate und das älteste zweieinhalb Jahre.
Du bist ein sehr junger Tagespapa. Wie kam es zu der Entscheidung, eine eigene Kindertagespflege zu eröffnen?
Es kamen viele kleinere Faktoren zusammen. Der Personalmangel in den Einrichtungen spielte dabei die wohl größte Rolle. Mit 24 Kindern teilweise alleine zu sein, macht einfach keinen Spaß. Wir Erzieher können so den Bedürfnissen der Kinder und teilweise auch der Eltern nicht mehr gerecht werden. Das kann sehr frustrierend sein. Daher habe ich mit der Eröffnung einer eigenen kleinen Kindertagespflege mit deutlich weniger Kindern eine Lösung gesehen, um mehr auf die Bedürfnisse der Kleinen eingehen zu können.
Du hast selber keine Kinder. Ist das ein Vor- oder Nachteil?
Zurzeit sehe ich es als kleinen Vorteil, denn an Erfahrung mit Kindern fehlt es mir nicht. Da ich noch keine eigenen Kinder habe, bin ich flexibel, was die Betreuung angeht.
Du umsorgst die fünf Tageskinder in deinen eigenen Räumen, sprich deiner eigenen Wohnung. Warum keine separaten Räume, um Privates und Berufliches vielleicht zu trennen?
Anfangs war das tatsächlich der Plan. Dann haben meine Freundin und ich glücklicherweise eine tolle Wohnung gefunden, in der ich im vorderen Bereich meine Kindertagespflege anbieten kann und wir quasi hintendran wohnen. Die Wohnung und den Garten konnten wir dank meiner Schwiegereltern in spe, die gleichzeitig unsere Vermieter sind, kindgerecht umbauen.
Ob Frühstück oder Mittagessen, bereitest du das selbst zu?
Es gibt Frühstück, Mittagessen und für die Kinder, die etwas länger dableiben, noch einen kleinen Mittagssnack. Das bereitet alles meine Mutter zu. Ich selbst würde das wahrscheinlich auch nicht alles unter einen Hut bekommen. Kochen kann ich zwar gut, jedoch nicht mit fünf Kindern, die zeitgleich beaufsichtigt werden müssen.
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Beruf?
Herausfordernd sind aktuell ein wenig die Eingewöhnungen. Denn wenn ein neues Kind kommt und ich eine Bindung zu ihm aufbauen möchte, muss ich gleichzeitig auch für die anderen Kinder da sein.
Laut Statistischem Bundesamt sind deutschlandweit nur rund sieben Prozent aller Kindergärtner Männer. Die Kita ist eine Frauendomäne, die mit Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Warum ist das deiner Meinung nach so?
Da stecken sicherlich viel Klischeedenken und Vorurteile von früher dahinter. Traditionell wird der Beruf von Frauen ausgeübt. Gedanken haben sich geändert und Kitas sollten so vielfältig sein wie die Lebenswelten der Kinder. Dafür brauchen Kinder Frauen und Männer zur Begleitung in den Lebensstart. Ich kann anderen Männern nur Mut machen, ebenfalls Erzieher zu werden. Im Alltag mit Kindern kommt so vieles zurück, was man so in keinem anderen Beruf erfährt.
Mit welchen Vorurteilen oder Anschuldigungen hast du als Mann in diesem Job zu kämpfen?
Bis jetzt tatsächlich mit keinen. Sicherlich gibt es Menschen, die uns Männern eher skeptisch begegnen oder ihr Kind bei mir nicht anmelden möchten, weil ich ein Mann bin. Diese Eltern melden sich natürlich bei mir nicht, da bei meiner Kindertagespflege von Anfang an klar ist, ich betreue die Kinder. Daher hatte ich dahingehend bisher keine Berührungspunkte.
Wie stehst du zur oftmals öffentlichen Debatte des immer wieder im Raum schwebenden Gedanken des Missbrauchs, vorwiegend als Anschuldigung gegenüber Männern?
Ich glaube, dass grundsätzlich sowohl Frauen als auch Männer ihre Positionen als Erwachsene missbrauchen können. Gefühlt stürzen sich die Medien jedoch vorwiegend auf Vorfälle mit männlichen Erziehern.
Warum sind in der Kleinkindbetreuung gerade männliche Bezugspersonen so wichtig?
Hier sind Frauen genauso wichtig wie Männer. Jedoch gerade bei alleinerziehenden Müttern oder auch Familien, in denen der Vater viel arbeitet oder beruflich häufig abstinent ist, kann eine männliche Bezugsperson in Kindergärten und Co. sehr hilfreich und ein willkommener Ausgleich sein.
Was sind deine Zukunftspläne?
Mein langfristiges Ziel ist es, meine Kindertagespflege noch ein wenig zu vergrößern, aber erst einmal stehen die aktuell fünf Kinder an erster Stelle.
jelu // Foto: rit
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