Der moderne Vater bewegt sich souverän zwischen Sandalen, Bio-Apfelkompott und vollen Windeln. Leider vergisst er dabei das Mann-Sein.
Liebe B.,
Du hast über verschwundene Kinder gesprochen. Meine tiefen Traumata von entlaufenen Kindern in Fußgängerzonen, U-Bahn-Schächten, an Badeseen, Inselstränden und öffentlichen Veranstaltungen jeder Größe sind Legion. Ich kann nicht darüber sprechen, frag mich in 18 Jahren noch mal.
Lass uns doch mal über Väter sprechen. Als meine Kinder im Krabbelalter waren, glänzten Väter in meinem Bekanntenkreis großflächig mit Abwesenheit. Meiner auch. Trafen sich nachmittags Mütter mit Kindern zu Kaffee und Kuchen, dann tauchten die meist gut gekleideten Väter frühestens in den Abendstunden nach der Arbeit auf, warfen gönnerhaft ein Na-lasst-ihr-es-euch-gutgehen-Mädels in die Runde, verteilten ein paar Komplimente an die Damen, ein paar Küsschen an die Kinder und öffneten souverän ein Fläschchen Sekt. Besonders aufgeschlossene Väter wechselten auch mal eine Windel oder schwangen den Kochlöffel.
Werde ich heute zu Kaffee und Kuchen eingeladen, dann ist der Männer- manchmal größer als der Frauenanteil. Ähnlich verhält es sich, wenn per E-Mail Begleitungen für Kindergarten- oder Schulausflüge gesucht werden. Noch vor drei Jahren musste die Lehrerin meines Sohnes in der dritten Mail offene Drohungen aussprechen, bis sich endlich ein, zwei Mütter dem sozialen Druck beugten und mit zum Plätzchenbacken oder zur Feuerwehr gingen. Heute streiten sich die Väter in der Klasse meiner zwei Jahre jüngeren Tochter darum, wer mit zum Waldausflug oder beim Sportfest helfen „darf“.
Toll eigentlich, denn die Möglichkeit sich als Mutter von kleinen Kindern mit Männern zu unterhalten, beschränkt sich meist auf den eigenen Gatten oder – in Ausnahmefällen – einen fast noch minderjährigen Kindergarten-Praktikanten.
Eigentlich!
Leider gehören diese Väter, die an einem Freitagnachmittag um 15 Uhr Zeit haben, genau zwei Kategorien an.
Entweder sind es
Du-freitags-mache-ich-früher-Schluss-weil-die-Bine-braucht-auch-ein-bisschen-Zeit-für-sich-Väter
oder
Du-ich-bin-jetzt-in-Elternzeit-Väter.
Ha! Wirst Du jetzt rufen.
Das ist der pure Neid, der aus Dir spricht. Und ja, ich hätte mir auch ein bisschen was vom Du-ich-bin-jetzt-in-Elternzeit-Gatten gewünscht. Weil das durchaus anstrengen ist, wenn der Gemahl 14 Stunden, nachdem man gerade sein zweiten Kind entbunden hat, erst mal zwei Tage lang auf Dienstreisen fährt.
Natürlich bin ich neidisch, wenn ich höre, dass diese Väter ihre Elternzeit nutzen, um super-stylische Piratenschiff-Hochbetten aus selbstgesägtem und unbehandeltem Ökoholz in die Altbauwohnung-Kinderzimmer zu basteln. Schließlich erinnere ich mich bestens daran, wie ich – hochschwanger und mit Kleinkind auf dem Schoß – ganz alleine über der Bauanleitung des Schubladenmechanismus der Ikea-Wickelkommode verzweifelt bin.
Leider ist diesen „neuen“ Vätern auf ihrem Weg zum Vatersein irgendwo die Männlichkeit abhanden gekommen.
Das geht damit los, dass diese Väter nicht auf Stühlen sitzen. Niemals. Sie knien auf dem Rasen oder im Sandkasten, hocken auch gerne im Schneidersitz mitten im Weg herum. Bloß nicht die Nähe zum Kind verlieren. Es könnte sich kurz mal alleine amüsieren oder – noch schlimmer – man könnte irgendeinen kleinen Entwicklungsschub verpassen.
Das Kind wird natürlich auch nicht im Kinderwagen geschoben, das wird von den Vätern in bunten Tragetüchern transportiert, farblich passend zur selbstgenähten Wickeltasche – versteht sich.
Mag sein, dass diese oft etwas flippigen Gestalten irgendwann mal interessante Männer waren. Damals, als sie noch Designeranzüge und T-Shirts unter der wilden Lockenmähne trugen und in irgendeiner hippen Werbeagentur gearbeitet haben.
Jetzt ist das vorbei. Superbequeme kurze Hosen, ausgewaschene und ausgeleierte T-Shirts und bleiche nackte, behaarte Füße in Birkenstock oder TeVa-Sandalen machen es verdammt schwer, einen eventuell verborgenen Sexappeal zu entdecken und das sind nur die Äußerlichkeiten.
Liebe Väter, ich finde es wirklich großartig, dass Ihr so wahnsinnig motiviert seid, aber es wäre wirklich schön, wenn Ihr über all dem Vatersein nicht vergessen könntet, dass Ihr auch Männer seid. Es kann doch nicht sein, dass Euer einziges Interesse an einem weiblichen Ausschnitt darin besteht, die Marke des Still-BHs aus Biobaumwolle zu erfragen.
Ja, ich finde es lobenswert, dass Ihr die Windeln eures Nachwuchses wechselt. Aber müsst Ihr das im öffentlichen Raum, sprich Rasen direkt neben der Kaffeetafel, unbedingt lautstark mit Auf-den-Bauch-Pusten und Kille-Kille-Spielchen untermalen?
Und muss die prall gefüllte Windel hach-das-ist-ja-alles-so-natürlich-mäßig unbedingt noch eine halbe Stunde neben dem Tischbein liegen bleiben, während der kleine Schniepel des knapp eineinhalbjährigen Torben-Lukas jetzt über die Tischkante gucken darf, weil der Papa lautstark meint, dass der sonst wieder wund wird?
Ich finde es auch bemerkenswert, mit welcher Hingabe ihr eingespeichelten Keksbrei samt Rotz von der Backe eures Sprösslings oder – noch schlimmer – selbstgekochtes Bioapfelkompott von den matschigen Fingern des Nachwuchses lutscht. Aber macht euch bitte bewusst, dass durchschnittliche Kindsmütter Rotzkeksapfelbrei ekelig finden.
Und ich wage die These, dass sich die Lutscherei am Kind in Kombination mit Sätzen wie „Du-kannst-Du-mir-eben-die-Sojamilch-für-den-Fritz-warm machen-du-weißt-doch-wegen-der-Laktoseintoleranz“ die Wahrscheinlichkeit auf wilden, hemmungslosen Sex mit der Kindsmutter auf unter Null reduzieren.
Und – liebe Väter – denkt doch bitte auch an Eure Söhne und eure Vorbildfunktion.
Denn wenn Ihr so weitermacht, dann wird sich Euer männlicher Nachwuchs spätestens in der Pubertät die zentimeterdicke weiße Bio-Sonnencreme Schutzfaktor 50 abwaschen, das lila Hütchen mit Nacken- und UV-Schutz vom Kopf reißen, die selbstgenähte Frottee-Pumphose ausziehen, die Sandalen von den Füßen schleudern und allein schon aus Prinzip in irgendeine Muckibude rennen und Fußball-Hooligan werden.
Und DAS muss ja nun auch nicht sein.
Also bitte, liebe Väter, wickelt Euch bitte auch mal aus dem Tragetuch, zieht euch vernünftige Klamotten an und geht einfach mal ein Bier trinken. Schmeckt auch besser, als Keksrotzbrei.
Und vielleicht, wenn Ihr dann mal über den Bierglasrand schaut, statt ständig Euren Nachwuchs zu bestaunen, vielleicht fällt Euch dann auf, dass man mit der Frau (und Mutter) an Eurer Seite, noch etwas mehr anfangen kann, als nur den Inhalt der nächsten Biokiste zu planen!
Puh – schlimmer Artikel! Inhaltlich wie stilistisch. Völlig überzogen.
Mann tu dies, Mann tu das, Mann sei Mann, Mann trink Bier.
Irgendwann ist auch gut mit subjektivem Momentaufnahmen, Pauschalisierungen und vor allem Ratschlägen.
Lass einfach mal laufen, Mutti! Das wird schon, das Kind.