Afterbabybody? Nein Danke! Dann lieber noch ein Baby!

AfterbabybodyAlso, bei allem Verständnis. Wir gönnen uns ja auch zwischendurch mal eine chillout-break mit einem grünem Smoothie und unseren BFFs. Aber wenn ihr immer nur auf dem Sofa rumsitzt, müsst ihr euch über euren Afterbabybody echt nicht wundern.

Liebe S.,

es ist Sonntag. Gefühlte 35 Grad im Schatten. Leider liege ich nicht am Pool, um meinen Afterbabybody zu sonnen, sondern sitze in der Musikschule. Die hat heute nämlich ihren Tag der offenen Tür und jetzt geigen und flöten und klimpern die Kinder um mich herum, dass mir noch heißer wird.

Um mich herum sehe ich aber auch so richtig dicke Bäuche. Und Hintern. Schwere Beine, mit Adern durchzogen, die im Takt der lustigen Rasseln stampfen. Oberarme, die zuletzt vor der Schwangerschaft trainiert wurden. Sie alle gehören zu Müttern, deren letzte Schwangerschaft lange oder nicht so lange her ist oder gerade vorbei.

Was stimmt nicht an diesem Bild? Es stimmt einfach alles. Alles ist perfekt. Warum ich überhaupt darauf achte, liegt an diesem Artikel:

www.brigitte.de/frauen/stimmen/carolin-kebekus-1201685

Hier schreibt die Komikerin Carolin Kebekus über ihr Hasswort des Jahrhunderts: Afterbabybody.

Erst mal fand ich den Text einfach nur toll. Und habe ihn Freundinnen geschickt. Und erst dann wurde mir bewusst, dass sich tatsächlich ganz normale, studierte, intelligente, schöne und selbstbewusste Frauen Gedanken über ihren „Afterbabybody“ machen. Und darüber, wie sie möglichst schnell wieder exakt so aussehen, wie vor der Schwangerschaft.

Die Reaktionen auf den link machten mich sprachlos.

„Ja, stimmt schon. Aber viele Mütter lassen sich wirklich gehen. Hast Du nicht XY neulich auf dem Spielplatz gesehen? Sie wiegt immer noch so viel wie vor der Geburt…“

„Gut geschrieben. Aber ehrlich gesagt, ich habe den Kaiserschnitt-Termin tatsächlich in den achten Monat gelegt. Bei der ersten Schwangerschaft habe ich in den letzten Wochen so unglaublich viel zugenommen.“

„Also, wenn sich manche Frauen fett wohlfühlen. Bitte schön. Ich gehe lieber trainieren. Mein Studio bietet Kinderbetreuung ab der 4. Woche an.“

Oder auch: „Unter uns: Ich wäre ja bei der letzten Geburt fast verblutet. Ich bin sooooo froh, dass ich jetzt endlich wieder joggen kann.“

Hallo? Also, in meiner ersten Schwangerschaft habe ich 30 Kilo zugenommen. Wenn ich HEUTE die Bilder betrachte, denke ich manchmal, naja, der Bauch war ja ganz schön groß.

Aber damals? Ich fühlte mich wie die Krone der Schöpfung. Wie die Königin der Geburtsklinik. Nach der Geburt war ich lange Zeit ziemlich krank. Geschwächt durch den Notfallkaiserschnitt und die folgende Infektion habe ich bestimmt 6 Monate gebraucht, um wieder „normal“ zu werden. Normal im Sinne von „gesund“. An mein Gewicht habe ich nicht einen Gedanken verschwendet. Wenn ich heute die Bilder betrachte, denke ich manchmal:  Da sahst Du ja mal so richtig scheiße aus. Aber damals? ich war im Glück. Im Rausch. Ich hatte EIN KIND BEKOMMEN! Und das musste gefeiert werden und zwar jeden Tag mit so richtig viel Tamtam. Tamtam im Sinne von absoluter Hingabe, auch wenn das Wort merkwürdig ist. Aber ich war diesem Baby komplett verfallen. Ich hätte es niemals auch nur eine Stunde allein gelassen UM INS FITNESSSTUIO ZU GEHEN.

Das ist es eigentlich, was mich so schockiert. Denn schon das Wort „Afterbabybody“ impliziert ja, dass es nach der Geburt nicht um das Baby, sondern um den Körper der Mutter geht. Der muss wieder in Form gebracht werden, der muss funktionieren, ohne Spuren sein, bereit für Arbeit, Sex, Sport und einfach alles.

Liebe S. kannst Du dir tatsächlich einen Mann vorstellen, der über ein Erlebnis spricht  – anlässlich dessen er fast verblutet wäre  – und dann nicht den Rest seines Lebens einfach nur immer wieder über dieses Erlebnis spricht? Und um ihn herum eine Meute von Mates, die ihm auf die Schulter klopfen und die Story bei einem oder zwei Bier immer wieder hören wollen…
Deshalb sage ich: Mütter! Ihr hängt die Latte zu hoch. Ihr seid doch schon Heldinnen – auch wenn ihr nicht permanent damit angebt.

Euer Körper wird nach einer Schwangerschaft nie wieder so aussehen wie vorher. Er wird schöner sein, weicher und auch viel unberechenbarer. Plötzlich spielen die Hormone verrückt und ihr nehmt 10 Kilo zu. Oder ist spielt die Resteverwerterin der Familie – und nehmt an den ungünstigsten Stellen 5 Kilo zu. Und dann? Dann ist es einfach so. Irgendwann nehmt ihr auch wieder ab, und wenn nicht: AUCH EGAL! Ihr habt ein Baby bekommen  … und das wiegt alles auf!
Damit sage ich nicht, dass ich nicht schlanke Menschen schön finde. Ganz klar. Aber: Es wäre auch  schön, wenn wir ab und zu in den Medien, in der Werbung, in Filmen schöndicke Menschen sehen würden. Einfach nur um zu sehen: die gibt es auch. Und sie sind trotzdem erfolgreich und irgendwie anscheinend auch glücklich.

 

Bis bald!

Deine …

6. Juli 2014

2 Kommentare

Komisch, ich war ja gestern auch in der Musikschule, aber ich hatte gar keine Zeit mir die anderen Afterbabybodies anzukucken, weil ich ständig nur damit beschäftigt war unseren Platz in der Schlange zu verteidigen. Was ist eigentlich mit dem After-Baby-Benehmen geworden? ich dachte immer MIT KIND ist man noch moralischer unterwegs als ohne. Also selbst wenn ich privat, abends, ohne Kind ein Vordängler WÄRE, dann würde ich das am Tag der offenen Tür der Musikschule mit meinen Kindern total vermeiden, wegen Vorbild und so.

Uns ist das gestern 3 Mal passiert, einmal ging die freiste Vordränglerei sogar damit einher, dass die Mutter das Kind bestimmt in Richtung auszuprobierendes Instrument GESCHOBEN hat während sie total mechanisch gemurmelt hat „Ina, nicht vordrängeln“ und dabei in die Gesichter der 3 schon lange wartenden Kinder kuckte. Mein Trost war, dass Ina sich total doof angestellt hat beim Geige fiedeln, danach hab ich mich dann aber doppelt geärgert, als mein Kleiner einfach meinte „doch nicht“ als er dann dran war…

Super geschrieben – danke 🙂

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