Mehr als die Hälfte der Kinder in Deutschland kann nicht richtig schwimmen. Tendenz steigend. Bei den Erwachsenen sind es knapp 50 Prozent. Schon 2005 konnte sich ein Drittel der Zehnjährigen nicht sicher im Wasser bewegen. 2010 war es jedes zweite Kind, nun sind wir bei 59 Prozent, die nicht richtig schwimmen können. Immer mehr Menschen ertrinken jeden Sommer in Badeseen, Flüssen und im Meer. Mit Corona hat sich der Trend weiter verschärft. Aber: Schwimmen zu können, kann das eigene – und das Leben anderer – retten. Wir haben uns mit Katja Junge von der Mannheimer Schwimmschule swim2grow darüber unterhalten.
Liebe Frau Junge, ab welchem Alter können Kinder schwimmen lernen?
Sich mit dem Wasser vertraut zu machen und erste Erfahrungen beim Schwimmen zu sammeln, kann nicht früh genug beginnen. Unsere Babykurse starten ab einem Alter von 3 Monaten. Jedoch haben Kinder erst ab einem Alter von 4 Jahren die nötige Gehirnentwicklung erreicht, um die Schwimmbewegungen mit dem nötigen Ergebnis richtig ausführen zu können. Dennoch bieten Babykurse, Aufbaukurse, sowie Wassergewöhnungskurse, welche wir anbieten, die optimale Grundlage, um sich im Laufe der kognitiven und körperlichen Entwicklung auf das Schwimmen vorzubereiten.
Wann sollten sie sicher schwimmen können?
Wann ein Kind sicher schwimmen können sollte ist vollkommen unterschiedlich und kein Kind oder Elternteil sollte sich hierbei unter Druck setzen. Ein Kind braucht so lange um sicher schwimmen zu lernen, wie es braucht. Viele Kinder brauchen etwas mehr Zeit, um wirklich vertraut mit dem Wasser zu sein, da sie sich sehr unterschiedlich entwickeln. In all unseren Schwimmkursen gehen unsere Trainer, berücksichtigend auf den jeweiligen Entwicklungsstand, sehr individuell und behutsam auf jedes Kind ein.
Viele Eltern denken: „mein Kind hat Seepferdchen, es kann schwimmen“. Reicht das?
Das „Seepferdchen“, auch „Frühschwimmer“ genannt, ist wohl eines der bekanntesten Schwimmabzeichen. Hier muss jedoch zwischen der Grundfähigkeit Schwimmen und dem sicheren Schwimmen unterschieden werden. Ein Seepferdchenabzeichen ist kein Nachweis für sicheres Schwimmen, sondern bestätigt, dass die Grundfähigkeit zum Schwimmen vorhanden ist. Es benötigt erst weitere Ausdauer und Routine im Wasser, um sicherer zu werden und von der Grundfähigkeit hinaus, ein sicherer Schwimmer zu werden.
Wer genau zählt als Nichtschwimmer? Auch Kinder mit ersten Schwimmerfahrungen?
Grundsätzlich ist ein Nichtschwimmer eine Person, die nicht schwimmen kann. Demnach sind Kinder, die das Seepferdchenabzeichen erlangt haben, technisch gesehen noch immer Nichtschwimmer.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf das Schwimmvermögen der Kinder ausgewirkt?
Jedes zweite Kind kann laut Statistik nicht mehr schwimmen und die Pandemie hat diesem Trend leider noch verstärkt. Seit vielen Jahren wird davor gewarnt, dass zu viele Kinder keine sicheren Schwimmer mehr sind. Daher ist es unsere Mission als Schwimmschule, so vielen Kinder wie möglich und einkommensunabhängig, die Liebe zum Wasser zu vermitteln und Ihnen die Möglichkeit zu geben, zu sicheren Schwimmern zu werden.
Wie wirkt sich die aktuelle Absenkung der Wassertemperatur auf die Kurse für die Kleinsten aus?
Wir als Schwimmschule stehen für das spielend Schwimmen lernen im warmen Wasser. Babys benötigen eine Mindestwassertemperatur von 30,5°. Auch wenn sich mit dem Tragen von Neoprenanzügen für Kinder die Temperatursenkung etwas ausgleichen lässt, gilt dies jedoch nicht bei den Kleinsten. Daher sind wir bestrebt unsere Wassertemperaturen für alle Babykurse deutschlandweit an all unseren Standorten stabil zu halten. Um dies zu erreichen, strukturieren wir an den richtigen Stellen um, damit unsere Teilnehmer unter 2 Jahren und deren Eltern weiterhin die Möglichkeit haben, an den Kursen teilzunehmen und im Wasser nicht frieren müssen.
Eigentlich ist Schwimmen ein gesetzlich vorgeschriebenes Schulfach. Jeder Grundschüler muss eigentlich schwimmen lernen. Warum passiert das nicht mehr?
Schwimmen lernen ist in Baden-Württemberg im Bildungsplan verankert. Leider mangelt es oft an geeigneten Wasserflächen und genügend qualifizierten Lehrkräften. Daher ist es wichtig, dass Eltern auch selbst ein Auge auf die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder haben. Wir als Schwimmschule empfehlen unseren Eltern immer, mit der Wassergewöhnung, als ersten Schritt zum sicheren Schwimmer bereits im Kindergartenalter zu beginnen.
Auch viele Erwachsene können nicht schwimmen. Lässt sich das noch in jedem Alter nachholen?
Wer nicht schwimmen lernt, geht leicht mit seinem Leben baden. Es ist in jedem Alter möglich, das Schwimmen zu erlernen. An unserem Standort in Kuppenheim, dem Schwimmbad Cuppamare, bieten wir in Kleingruppen und geschützter Umgebung Erwachsenenschwimmkurse an. Wir legen es jedem Nichtschwimmer nahe, seine Hemmschwelle zu überwinden und einen Schwimmkurs zu buchen. Dies gilt nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Nichtschwimmer im Teenageralter. Wir möchten es allen Menschen ermöglichen, Sicherheit im Wasser zu erlangen und Freude am Schwimmen vermitteln.
Wenn ein Kind ertrinkt, sieht das oft ganz harmlos aus. Es heißt ja auch „Kinder ertrinken leise.“ Was können Eltern tun, um ihre (und andere) Kinder zu schützen?
Da Kinder bis 3 Jahren sogar in einer minimal tiefen Wasserpfütze ertrinken könnten, zählt das Ertrinken zur zweithäufigsten unfallbedingten Todesursache bei Kindern. Daher ist es unabdinglich für Eltern, ihr Kind immer im Auge zu behalten. Ob am Badesee, im heimischen Pool oder in der Badewanne, darf ein Kind niemals unbeaufsichtigt bleiben. Schützen kann man sein eigenes Kind, indem man ihm so früh wie möglich das Schwimmen beibringt oder einen Schwimmkurs besucht, denn leider sind auch Schwimmflügel kein ausreichender Schutz. Falls es zu einem Unfall kommt, sollten Eltern sofort den Notruf wählen und die Körpertemperatur des Kindes aufrecht halten. Besonders beim sogenannten „stillen Ertrinken“, welches meist erst Stunden nach dem eigentlichen Unfall eintritt, ist es hilfreich auf Symptome wie Hustenanfälle, blaue Lippen, ungewöhnliche Atmung oder auch Durchfall zu achten und direkt einen Arzt zu verständigen.
Ein Schwimmkurs kann nicht früh genug besucht werden. Wir begleiten unsere Schwimmkursteilnehmer vom Babyschwimmen über die Wassergewöhnung und ersten Schwimmversuche bis hin zum Seepferdchen und Goldabzeichen. Die Wassergewöhnung und Selbstrettung stellen hierbei zwei wichtige Säulen dar. Mit unserem Konzept „spielend schwimmen lernen“ bieten wir pädagogisch wertvollen Schwimmunterricht für Babys, Kinder und Erwachsene an mittlerweile über 40 Standorten in Deutschland.
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