Model, Influencerin und ehemalige GNTM-Kandidatin Anna Adamyan wünscht sich seit Jahren ein Kind. Doch die 26-Jährige, die bis vor kurzem mit ihrem Mann, dem Profi-Fußballer Sargis Adamyan, in Heidelberg lebte, leidet an Endometriose, einer Unterleibserkrankung, die eine Schwangerschaft erschwert oder sogar verhindern kann. Deshalb versuchen die Influencerin und ihr Partner mithilfe künstlicher Befruchtung ein Baby zu bekommen – bislang jedoch erfolglos. Sieben Embryotransfers blieben ohne Erfolg, hinzu kamen zwei schmerzhafte Fehlgeburten. Doch die Influencerin gibt nicht auf und versucht alles, um sich ihren Babywunsch trotz Endometriose zu erfüllen. 2021 erlitt Anna in der neunten Schwangerschaftswoche ihre zweite Fehlgeburt. Es war eine schlimme Zeit mit Wehen und Blutungen. Der Embryo wollte nicht abgehen, Mediziner sprechen dann von einer „verhaltenen Geburt“.
Liebe Anna, wir freuen uns sehr über das Interview mit dir. Unser Thema soll Endometriose, Kinderwunsch und Fehlgeburt sein. Drei heftige Themen. Danke, dass du trotzdem dabei bist. Und inzwischen bist du ja nicht nur Model und Influencerin, sondern auch Endometriose-Botschafterin … wie hat sich das entwickelt?
Mit Instagram hat es sich entwickelt, als ich eher mit dem Modeln aufgehört habe. Eben aufgrund der Endometriose – ich habe das alles so körperlich nicht mehr schaffen können. Dazu habe ich schon immer gerne Fotos gemacht und einfach begonnen, mein Leben zu teilen. Anfangs habe ich selbst die Themen nicht groß angesprochen, jedoch hat es sich immer mehr „falsch angefühlt“, so zu tun, als wäre nichts. Ich wollte aufklären, alles von meinem Leben teilen und habe dann auch damit begonnen.
Auf Instagram lässt du deine 57.000 Follower an vielem teilnehmen, auch an sehr privaten Dingen. An deiner Freude über die Schwangerschaft und an der großen Trauer über die zwei Fehlgeburten. Fällt es dir schwer, diese intimen Momente zu teilen?
Nein, mir fällt es gar nicht schwer. Ganz im Gegenteil! Mir tut es vielmehr gut, all das nicht verstecken zu müssen. Die Thematik gehört nun mal zu meinem Leben. Es gibt Frauen, die werden nicht sofort schwanger, auch wenn man es immer als Gefühl hat, ist dem einfach nicht so. Ich für meinen Teil kann besser damit umgehen, es offen zu kommunizieren, anstatt es zu verheimlichen.
Gemeinsam mit der Ärztin Sarah Plack hast du im April 2022 die Initiative #KiWuFürAlle auf der Plattform Change.org gestartet. Was steckt dahinter? Und was sind eure Forderungen?
Wir fordern eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen für ALLE! Aktuell sind die Bedingungen mehr als unfair, man ist eingeschränkt im Alter. Zum Beispiel werden die Kosten erst ab einem Alter von 25 übernommen, wenn man davor schon unfruchtbar ist, ist es in diesem Sinne „egal“ oder man muss die Kosten selber tragen. All diese Kosten sind jedoch extrem hoch und nicht jede kann sich diese leisten. Für mich persönlich ist es nicht richtig, denn ein Kinderwunsch ist mehr als nur ein Wunsch, eine tiefe Sehnsucht. Wir Betroffenen wünschen uns kein Auto und dennoch fühlt man sich oft so, wenn es um die Finanzierung dieses Wunsches geht. Es sind viele Dinge, die wir fordern, da würde ich hier einen Roman schreiben! Alle Forderungen findet man direkt bei der Petition. Sarah und ich waren uns hierbei sehr schnell einig, dass bei der Thematik etwas getan werden muss.
Endometriose ist eine chronische Krankheit, die (zumindest bis jetzt) als unheilbar gilt. Wie gehst du damit um und was sind die größten Schwierigkeiten?
Ich habe für mich selbst versucht einen Weg des Umgangs mit den Schmerzen zu finden, was nicht immer einfach war. 2017 war ich in einer Endometriose-Reha und habe da sehr viel über mich und meinen Körper gelernt. Genauso wie über den Umgang mit chronischen Schmerzen. Es hat eine lange Zeit gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich leider mit der Endometriose leben muss und es die Situation NICHT besser macht, wenn ich dagegen angehe. Grundsätzlich ist es ein langer Prozess, um herausfinden zu können, was einem hilft und was eventuell auch nicht.
Werden die Schmerzen mit der Zeit leichter zu ertragen?
Ehrlich gesagt? Gar nicht. Traurigerweise gewöhnt man sich lediglich an den fiesen Schmerz. Natürlich gibt es Schmerzmittel & Co, die eventuell Abhilfe schaffen. Schlimm bleibt es jedoch immer.
Wie reagiert deine Umgebung auf deine Krankheit?
Mein Umfeld reagiert immer sehr gut auf die Endometriose und alles, was dazu gehört. Jedoch war auch das ein Prozess, der angedauert hat. Nicht alle haben es sofort nachvollziehen können und haben, genauso wie ich, Zeit benötigt. Mir häufig zugehört und ja, manchmal musste ich auch mit dem Holzhammer auf den Tisch hauen und sagen, was Phase ist.
Wusstest du schon immer, dass du Endometriose hast?
Nein, das geht ja auch gar nicht. Grundsätzlich benötigt es aktuell im Schnitt sechs bis zehn Jahre, teilweise mehr als zehn Jahre, dass die Betroffenen ihre Diagnose bekommen. Als ich 13 Jahre alt war, bekam ich den Verdacht. Trotz Verdacht ist es nicht ernst genommen worden und mit 19 Jahren bekam ich dann die Diagnose.
Nach der Ausschabung wurde der Embryo in einem Labor für Humangenetik genetisch untersucht. Was kam dabei heraus?
Ich hatte eine Saugkürettage – keine genaue Ausschabung. Bei der genetischen Untersuchung kam dann raus, dass der Embryo eine Trisomie 8 und X hatte, was absolut nicht lebensfähig ist und das deshalb zum Missed Abort geführt hat.
An einer Stelle wirst du mit den Worten zitiert: „Wir sind 50.000 Euro ärmer und haben immer noch kein Kind.“ Aber aufgeben kommt nicht infrage, oder?
Nein – abgesehen davon finde ich das Wort „aufgeben“ absolut fehl am Platz bei dieser Thematik. Es impliziert, dass man „verloren“ hat, dabei hat man alles für sein Wunder gegeben – ganz egal, wie es bei den Betroffenen aussah.
Kinderwunschbehandlungen gelten als psychisch und physisch extrem herausfordernd. Konnte sich dein Körper wieder erholen?
Das stimmt, vor allem die Stimulationen sind körperlich nicht gerade angenehm. Ich gönne meinem Körper immer Auszeiten und tue nur das, was sich richtig anfühlt … 🙂
Wurdest du bei den Behandlungen und Fehlgeburten gut begleitet?
Ja, sowohl von meinem Mann, als auch von Familie & Freunden. Ich habe sehr viel Glück, ein sehr tolles Umfeld zu haben. Zusätzlich wurde ich ärztlich bisher auch immer sehr gut betreut und bin dafür sehr dankbar.
Nach einer Fehlgeburt fühlen sich viele Eltern sehr alleingelassen. Außer ihnen kannte ja niemand das Kind und so trauern die Eltern meistens allein. Wie hat dein Umfeld auf diese Schicksalsschläge reagiert?
Mein gesamtes Umfeld hat sehr mit uns mitgelitten und war 24/7 für uns da. Ich muss wirklich sagen, dass ich heute noch überwältigt von all der Liebe bin, die wir bekommen haben.
Hast du Erinnerungen an diese Kinder aufgehoben? Oder ist es einfacher, sich nicht zu erinnern?
Ich habe alle Ultraschalle, Tests und generell alles zu der künstlichen Befruchtung aufgehoben. Allgemein habe ich nahezu alles der letzten Jahre für mich als Erinnerung in einer Kiste. Ich finde diese Erinnerungen sehr wertvoll, auch wenn sie nicht immer nur positiv sind …
Nach mehreren künstlichen Befruchtungen und zwei Fehlgeburten hast du dich in einer belgischen Kinderwunschklinik beraten lassen und einer PRP-Behandlung unterziehen lassen – einer „ovariellen Verjüngung“. Was genau ist das und wie geht es jetzt weiter?
Es ist eben eine „ovarielle Verjüngung“ – wie ein Vampirlifting im Gesicht wurde das Gleiche bei meinen Eierstöcken und der Gebärmutter gemacht, mit der Hoffnung, dass ich dadurch eventuell bessere Eizellen produzieren kann und auch mehr. Ich finde den Ansatz sehr spannend und rein optisch sehen meine Eierstöcke nach einer Behandlung auch schon viel besser aus. Im November starten wir mit der nächsten ICSI, das wird aufregend und ich bin mehr als bereit.
bw // Fotos: Simone Lobgesang
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