Die Top Drei der traumatischsten Bastelereignisse meines Mütterlebens


Dieses Bild stammt von Benjamin Weissinger. Er hat es auf seiner Facebookseite veröffentlicht und bei der Autorin des folgenden Textes traumatische Erinnerungen ausgelöst.

Es gibt ja Mütter, die basteln wahnsinnig gerne und sind kreativ. Die Autorin nicht. Glücklicherweise sind ihre Kinder inzwischen so groß, dass sie selber basteln und ich nur noch alles wegräumen muss. Hinterher.

Platz drei meiner traumatischsten Bastelereignisse:

Laternen.  Laternen sollten grundsätzlich in Kindergärten und Schulen gebastelt werden. Natürlich hat auch die Autorin jahrelang versucht, graue Novembernachmittage mit Kakao und Gebäck und allerhand zauberhaftem, zarten Papier, Käseschachteln, Cuttern und viel Klebstoff in ein inniges Familienerlebnis zu verwandeln, an dessen Ende die Familie gemeinsam glücklich singend durch die nächtliche Straße zieht, die hübschen Laternen voller Stolz und mit fröhlich flackerndem Teelicht vor sich her schwenkend.
Die Realität in Kurzform: Kekse nach wenigen Minuten alle, das schönste Papier im Kakao ertränkt, mindestens ein Kind verlässt wutentbrannt den Raum, mindestens einen Abend lang bastelt die Mutter (mit Rotwein statt Kakao) zwei Laternen, nachdem die Kinder schlafen, mindestens einem Kind gefällt die Laterne am nächsten Tag nicht, keine der Kerzen entpuppt sich als novembernieselregentauglich, mindestens eine Laterne fängt Feuer, die zweite Laterne wandert am Ende des Laternenumzugs als feuchter Wachsklumpen auf den Kleiderschrank im Kinderzimmer, setzt dort eine meterdicke Staubschicht an, darf aber niemals weggeworfen werden.

Platz zwei meiner traumatischsten Bastelerlebnisse:

Bügelperlen. Ihr wisst schon. Diese kleinen Plastikdinger, die auf Platikformen zu einem Muster gesteckt werden und die kindliche Motorik fördern sollen. Der Umgang mit Bügelperlen setzt leider auch ein gewisses motorisches Geschick der Mutter voraus. Bügelperlenbilder verwackeln immer. IMMER! Und zwar immer dann, wenn sie fertig sind und sie das Kind voller Stolz ins Badezimmer trägt, weil es nicht die drei Minuten warten kann, bis das Elternteil aus der Dusche herausgekommen ist, um „Oh“ und „Ah“ und „Toll“ zu juchzen. Und wenn dann das tränenüberstömte Kind die Rotznase in den Ärmel reibt und flehend guckt, dann muss die Mutter ran. Natürlich. Sofort. Ein Handtuch reicht als Bekleidung aus. Man muss schließlich Prioritäten setzen.
Und wenn sie endlich fertig ist und die Mutter schweißüberstömt auch endlich das Backpapier gefunden (oder rasch neu gekauft) und das Bügelperlenbild wieder diesen Tick zu lange der Hitze ausgesetzt hat, dann ist die Plastikmasse auch schon langweilig geworden, liegt aber die nächsten fünf Jahre in dieser Salatschüssel in der Küche herum, in der alles liegt, was keiner wegräumt, nur kein Obst – oder wenn, dann nur ganz untendrunter und sehr mumifiziert.
Vorteil: Bügelperlen kann man einsaugen und beim Draufreten sind sie kaum schmerzhaft im Unterschied zu Legosteinen.

Unangefochtener Platz eins meiner traumatischsten Bastelerinnerungen:

Steine. Die Autorin hat auch mal Steine mit den Kindern bemalt. Vermutlich waren sie krank –  die Kinder, nicht die Steine –  oder es hat schon drei Tage am Stück geregnet oder beides. Wasserfarbe raus, hartgetrocknete Pinsel suchen, einweichen, Zeitung aus der Papiertonne fischen, alles abdecken, die Kinder ebenfalls abdecken. Und dann endlich loslegen mit dem Malvergnügen. Zu Beginn haben sie sich die Kinder erst mal kräftig gestritten, wer welchen Stein bemalen darf. Dann haben sie sich gestritten, wer welchen Stein gefunden hat und welcher Stein der schönere ist.
Dann haben sie zehn Minuten lang Steine bemalt. Das wurde dann langweilig, also haben sie angefangen, sich mit grauem Wasserfarben-Wasser zu bespritzen, das war gar nicht so langweilig. Dann war aber die Autorin sehr langweilig, weil sie das Wasserfarben-Spritzvergnügen verboten hat. Dann hat ein Kind geheult, weil das Lieblingsshirt voller Wasserfarbe war. Um die Kinder abzulenken, hat die Autorin dann Glitzersteine zum Draufkleben herausgekramt, aber  unglücklicherweise waren in der Glitzersteinkiste drei Wackelaugen. Drei! Bei zwei Kindern!
Das gab dann also natürlich Streit, bis ein Kind davon überzeugt werden konnte, dass man einen Tintenfisch draus machen kann und der eh nur ein Auge hat. Dann hat aber das eine Wackelauge nicht mehr richtig gewackelt und irgendein Kind kam auf die Idee, das Auge zu reparieren, also gewaltsam zu öffnen. Der Versuch, das Ganze mit Klebstoff wieder zu richten, hat erwartungsgemäß nicht funktioniert, aber man soll Kinder ja seine eigenen Erfahrungen machen lassen. Leider war auch die Wasserfarbe noch nicht ganz trocken und deshalb haben die Augen ohnehin nicht auf den Steinen geklebt. Das kluge, ältere Kind hat sich dann aber erinnert, dass man mit Sekundenkleber alles kleben kann. Unglücklicherweise war die Mutter zum Zeitpunkt dieser grandiosen Idee gerade damit beschäftigt, dass Wasserfarbe aus dem Lieblingsshirt des anderen Kindes zu waschen und parallel dazu die Tränen desselben zu trocknen. Böse Zungen könnten das als Verletzung der Aufsichtspflicht bezeichnen.
Es gelang der Mutter zwar in letzter Sekunde das Kind davon abzuhalten, sich selber das linke Auge mit Sekundenkleber zuzukleben, dafür klebte die  – wie gesagt etwas motorisch ungeschickte Mutter – sich selber zwei Finger zusammen, die sich erst mit dem Cutter wieder trennen ließen.
Die Autorin erinnert sich nicht mehr genau, wie die Geschichte ausgegangen ist. Vermutlich irgendwann abends mit Rotwein für die Mutter. Den Tintenfischstein hat dann viel später irgendwann ein Kind ins Aquarium geworfen. Logisch eigentlich. Dort haben sich nach und nach die Farbe und der Kleber gelöst. Den Fischen geht es aber den Umständen entsprechend gut.

Abschließende Anmerkung der Autorin zum Mein-Deko-Bastelspaß-Sonderheft „Stein-Zeit“: Sollte irgendjemand auf die Idee kommen, dieses Heft Kindern zu schenken, um die Kreativität der Kleinen zu fördern, sollte sich derjenige nicht wundern, wenn die Erziehungsberechtigten der beschenkten Kinder demjenigen die Freundschaft unwiderruflich kündigen.

Zusätzliche Anmerkung der Autorin zur abschließenden Anmerkung: Benjamin Weissinger würde so etwas natürlich niemals tun, so etwas verschenken. Nicht dass hier Missverständnisse entstehen. Er hat lediglich das Foto gemacht. Für die Erinnerungen der Autorin kann er gar nichts.

shy

14. Juni 2017