Das, was in Herne geschehen ist, ist entsetzlich. Das, was jetzt in den Sozialen Netzwerken geschieht, ist ebenfalls entsetzlich. Ein Kind ist tot. Es wurde ermordet. Der Täter ist bislang nicht gefunden. Man könnten nun innehalten. Die Polizei ihre Arbeit machen lassen. Die Beamten unterstützen, indem man die durchaus sinnvollen Zeugenaufrufe zahlreich teilt. Aber die Boulevardpresse stürzt sich mit Leidenschaft in jedes noch so kleine widerwärtige Detail dieser Tat. Schlachtet alles, aber wirklich alles aus. Nachbarn, Freunde, selbst die Mutter kommen zu Wort. Letzteres ist unverantwortlich. Eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, deren Kind getötet wurde, gehört nicht kurz nach der Tat interviewt. Sie gehört geschützt.
Noch widerlicher ist die Tatsache, dass sich die größte Boulevardzeitung Deutschlands auch nicht scheute, jedes Bild von Täter und Opfer zu veröffentlichen, das sie irgendwie in die Finger kriegen konnte. Auch das Bild, mit dem der mutmaßliche Täter angeblich mit seiner Tat prahlte. Das jedenfalls ins Internet gelangte. Das Grauen des Bildes ist nur achtlos weggeschnitten.
Und zu guter Letzt sind da noch die zahllosen Menschen, die sich darüber ereifern, was sie gern mit dem Täter anstellen würden. Sich nicht scheuen, öffentlich zu schreiben, dass sie ihm Folter, Schmerzen, Vergewaltigung und so ziemlich jede qualvolle Todesart wünschen, die sie sich in ihren schlimmsten Fantasien vorstellen können.
Das Ausschlachten von Entsetzlichkeiten ist kein Trost und unmenschliche Rachegedanken machen ein Kind nicht wieder lebendig.
Hört auf damit. Alle.
shy