Meine beste Freundin, ihr Baby und ich

beste Freundin„So, das war’s. Sie schläft“, sagt Tina leise, nachdem sie ins Wohnzimmer zurückkommt,  die Tür leise hinter sich schließt und auf Zehenspitzen über Paulinas Spielteppich zum Esstisch läuft. Viele kleine Bauklötze, Tassen und Gemüse aus Schaumstoff gilt es zu umgehen – die stillen Zeugen eines kleinen Mädchens, das gerne spielt und heute 21 Monate alt wird. Da, wo jetzt nur noch unsere Weingläser und das Geschirr leise kläppern, das wir für das gemeinsame Abendessen auf den Tisch stellen, glich es noch vor wenigen Minuten einer echten Spielwiese:

„Da“, sagt Paulina und drückt uns ihre Buntstifte und ihr Äffchen in die Hand. Sie zeigt uns ihre kleinen Schätze. Der Teppich ist übersäht von kleinen Bauklötzchen – eines ihrer neuen Hobbys. „Sie liebt es, Türme zu bauen, die größer als sie selbst sind, und sie danach wieder umzuwerfen“, sagt Tina. „Bis es dann von Neuem losgeht.“ Paulina will also hoch hinaus und zeigt uns gleich,  was sie kann. In ihrer Spielkiste entdecke ich einen neuen Schatz: ein Puzzle.

Tina: „Paulina hat sofort verstanden, welches Puzzleteil in welches Loch gehört. Sie kann das wirklich gut. Ich bin total fasziniert, wie schnell Kinder das verstehen. Erkennen sie die Formen oder die darauf gedruckten Bilder so schnell? Es ist wirklich faszinierend.  Wir haben es quasi gestern gekauft und heute ist es schon ,langweilig’, weil sie es schon auswendig kann …“

Paulina setzt derweil ein Bauklötzchen auf das andere – der Turm reicht immerhin schon mal bis zum Bauch. Dabei achtet sie darauf, dass auch ja alle Bauklötzchen zum Einsatz kommen. „Momentan ist es oft ein Kampf, wenn wir spielen, weil sie ihre Spielsachen verteidigen will. Das muss sie noch lernen, das man auch mal teilen muss“, sagt Tina. „Aber für später ist diese Eigenschaft vielleicht auch ganz gut. So kann sie dann sagen, was sie möchte und was nicht. Aber bis dahin müssen wir erst einmal ihr Temperament noch zügeln.“ Noch ein Klötzchen obendrauf und fertig ist der Turm, der mit einem lauten „Rumps!“ wieder zu Boden fällt. Auf dem Sofa entdecke ich ein klitzekleines Indianerkostüm.

Ich: „Hat Paulina schon Fasching für sich entdeckt?“

Tina: „Sie liebt es, schöne Kleider anzuziehen. Aber da sie leider über Fasching krank war, muss das Indianerkleid im Schrank bleiben und wir müssen auf Fasching nächstes Jahr hoffen.“

Ob das Kostüm dann noch passt? Paulina ist enorm gewachsen und im Vergleich zu meinem letzten Besuch bei der Familie ein wirkliches Stück größer geworden. Ich erwische mich immer wieder dabei, wie mir ein Satz durch den Kopf schwirrt: „Wie groß Du geworden bist“ – und ich bemühe mich wirklich, ihn nicht laut auszusprechen, weil er so abgedroschen klingt. Ach, papperlapapp. Ich kann nicht anders: „Wahnsinn, wie groß Du geworden bist“, sage ich zu Paulina, die in ihrer Spielzeugkiste kramt.

O.k., genug gebaut, jetzt ist das große Bilderbuch an der Reihe. Sie drückt es mir in die Hände, duckt sich unter dem Buch hervor und setzt sich schneller als ich bis Drei zählen kann auf meinen Schoß. Dabei plappert sie fröhlich vor sich hin.

Ich: „Kann sie denn schon mehr Worte sagen?“ Bisher war Paulina eher etwas mundfaul und zeigte auf die Dinge, die ihr gerade in den Sinn kamen.

Tina: „Ja, das Sprechen wird immer besser. Sie kann schon mehr Worte sagen, wie zum Beispiel ,meine Mama’.“

Paulina: „Meine Mama“.

Paulina zeigt was sie kann, plappert ihrer Mama nach und nimmt dabei kurz ihre Augen von dem Bilderbuch, schaut uns an, um kurz danach wieder auf das Bild zu zeigen. Es zeigt ein Pferd im Stall. Das ist viel interessanter als zuzuhören, was die Großen da sagen.

Tina: „Auch ,Hallo’ kann sie zum Beispiel schon schön sagen. Wir machen uns also keine Gedanken mehr darüber, dass sie bis jetzt wenig spricht. Es heißt, bis zum 2. Geburtstag müsse sie rund 50 Wörter können. Das schaffen wir. Es werden von Tag zu Tag mehr. Ich selbst habe zum Beispiel auch erst mit zwei Jahren richtige Sätze gesprochen.“

Für Paulina wird es langsam aber sicher Zeit, ins Bett zu gehen. Ihre Augen stehen auf Halbmast, die Seiten von dem Bilderbuch blättert sie nur noch langsam um. Das macht aber auch müde, so ein Tag voller Spiele.

Dadurch, dass Paulina jetzt mehr mit ihren Eltern erzählt, dauert dementsprechend auch das Abendritual immer länger, was sie gekonnt für sich zu nutzen weiß: Dadurch, dass Paulina, neben ,Mama’ und ,Papa’ auch schon ein paar andere Namen ihrer Familienmitglieder oder Spielgefährten sagen kann, dauert es seine Zeit, bis sie letztendlich wirklich einmal schläft, denn schließlich möchte sie jedem eine gute Nacht wünschen. So zählt sie einen Namen nach dem anderen auf, bis Mama oder Papa ihr darauf antworten. „Laura?“, fragt Paulina dann zum Beispiel nach ihrer Cousine. „Laura schläft schon“, müssen sie dann antworten. „Teddy?“, geht es weiter. „Der auch, der liegt doch hier neben dir“, lautet dann die Antwort. So fragt Paulina nach allen, die ihr einfallen und zögert das Schlafengehen somit heraus. „Auf ihrem Lieblingsschlafanzug sind kleine Schäfchen abgebildet. Wenn sie diesen anhat, dann zeigt sie auf einzelne Schäfchen, denen wir dann natürlich auch eine gute Nacht wünschen und ein kleines Küsschen geben müssen … Je mehr sie spricht, desto länger wird es abends dauern“, sagt Tina mit einem Lächeln.

Viele kleine Küsschen später sitzt Tina schließlich am Tisch, während Paulina in ihrem Zimmer selig schlummert. Über das Babyphon hören wir sie leise atmen. Dass sie so schnell schläft, kam in der letzten Zeit nicht oft vor.

Tina: „Zurzeit bekommt sie ihre vier Eckzähne gleichzeitig, was die Nächte momentan schwierig macht, aber es sind schon fast alle Zähnchen durch. Wir haben es also bald geschafft.“

Bei einem Abend unter Freunden gibt es so viel zu erzählen, so viel Neues zu berichten, so vergessen wir sprichwörtlich die Zeit, bis uns allen nach einer Weile fast die Augen zufallen – und ich bin mir sicher: Nicht nur ich habe mir für einen Moment gewünscht, genau in diesem Augenblick in einem Schlafanzug voller Schäfchen im Bett zu liegen … Paulina, hast Du’s gut …
„Teddy“, hören wir sie leise über das Babyphon im Schlaf erzählen. Nur weiter so, Paulina. Es gibt so viel zu erzählen.

Von Ann-Kathrin Weber

Zur Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht ab sofort Baby Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

 

 

15. Februar 2016
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